Meldungen von Märkten, Handel und Vermarktern

+ Rohstoffwert Milch steigt, Erzeugerpreis nicht + Schlachtindustrie – weniger Schweine, mehr Konzentration + Edeka auch 2021 Coronagewinner + Aldi und die Kinderarbeit in der Kakaobranche

Rohstoffwert Milch steigt, Erzeugerpreis nicht Das Kieler Institut für Ernährungswirtschaft (ife) hat für April einen weiteren Anstieg des Rohstoffwertes Milch errechnet. Mit 36,2 ct/kg liegt der Wert um 9,2 Cent oder 34% über dem Vorjahr. Das Institut ermittelt den Wert monatlich aus den Marktpreisen für Butter und Magermilchpulver, den wichtigsten Wertelementen der Milch. Beide Indikatoren sind in den letzten Monaten auf den Weltmärkten kontinuierlich gestiegen. Auch die Großhandelspreise für Milchprodukte in Deutschland zeigen die große Spanne an. So kostet lose Butter auf dem Handelsmarkt Kempen heute 4,oo €/kg gegenüber 2,60 €/kg vor einem Jahr (+54%). Magermilchpulver in Lebensmittelqualität bringt 2,55 € gegenüber 1,95 € im letzten April (+30%). Die heimischen Bäuerinnen und Bauern merken von all diesen Entwicklungen bisher nichts außer schönen Ankündigungen, dass es im 3. Quartal besser werden soll. Im März lagen die Grundpreise laut top agrar- Milchpreisbarometer meistens unter Vorjahr. Die großen Molkereien im Norden und Westen zahlen:
- Arla 28,48 Cent/kg (- 2,6 ct)
- Friesland Campina 33,42 ct ( -0,9 ct)
- Hochwald 30,0 ct (-2,o ct)
- Dt.MilchKontor 30,2 ct ( - 1,6 ct) Im Süden schwankt der Preis von plus 1,5 ct. bis minus 1,5 ct. Spitzenreiter sind die Milchwerke Berchtesgadener Land mit 36,9 ct/kg. Für einen durchschnittlichen Milchviehbetrieb bedeutet der Grundpreisunterschied von Berchtesgadener zu Arla etwa 4.000 € Einkommensdifferenz – im Monat(!) Branchenkommunikation
Einen Pusch in Richtung mehr Wertschätzung und mehr Absatz der Milch soll die Initiative Milch GmbH bringen, ein Imageprojekt der Molkereibranche als „bedeutendes“ Ergebnis der Sektorstrategie 2030 (Kritiker sagen dazu: Der Berg kreiste und gebar eine Maus!) Sie startet nun ihre Werbekampagne „Milch. Das weiße Wunder.“ im Stile der alten CMA. Marktkenner befürchten, dass dieser Rückfall in alte Marketingzeiten kein weißes Wunder bewirken wird, sondern eher ein blaues Wunder hinterlässt. Schlachtindustrie – weniger Schweine, mehr Konzentration Trotz coronabedingten Schließungen gerade in großen Schlachthöfen ging auch 2020 die Konzentration in der Branche weiter. Die Top-10 Unternehmen schlachten laut ISN - Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands 82,2% der Schweine (80,4% in 2019), die Großen Drei (Tönnies, Vion, Westfleisch) allein fast 60%. In ihrem alljährlichen Schlachthofranking zeigt die ISN auf, dass bei insgesamt 53,38 Mio. etwa 3,5% weniger Schweine „an den Haken kamen“. Tönnies liegt mit 16,3 Mio. Schlachtungen weit an der Spitze vor Vion 7,6 Mio. und Westfleisch 7,5 Mio. Danach rangiert der dänische Konzern „danish crown“ mit 3,1 Mio. in Deutschland. Konzernweit schlachtet das in Dänemark mit ca. 80% Marktanteil führende Unternehmen nach eigenen Angaben 18 Mio. Schweine. Insgesamt sind die Schlachtriesen gut durch das „Katastrophenjahr“ (Tönnies) gekommen. Alle konnten ihre Gewinne halten oder – so Vion – sogar noch ausbauen. Auch ISN- Geschäftsführer Staack resümiert: „Die bekannten Jahresabschlüsse von Schlachtunternehmen zeigen aber auch deutlich, dass diese – ganz anders als die Schweinehalter – das Krisenjahr 2020 finanziell sehr gut überstanden haben. Hier ist die Erlösverteilung in der Kette gewaltig zu Lasten der Schweinehalter aus den Fugen geraten.“ Edeka auch 2021 Coronagewinner Um 9,5% ist Edeka im Corona- Jahr 2020 gewachsen. Der Außenumsatz der Handelsgruppe stieg auf 61 Mrd. Euro netto, schreibt Edeka in ihrem in der letzten Woche veröffentlichten Geschäftsbericht. „Wachstum ist im Jahr 2020 gar nicht zu verhindern gewesen,“ resümiert Vorstandschef Mosa mit hanseatischem Understatement. Dabei waren besonders die selbstständigen Kaufleute die Wachstumstreiber, 70% des Wachstums ging auf ihre Kappe. Sie machen etwa 60% der Edeka- Gruppe aus. Demgegenüber kommen die konzerngeführten Regiemärkte und der Discounter netto nur auf 40% Anteil. Insgesamt liegt Edeka damit bei einem Marktanteil von 29% in Deutschland. Nicht nur die Umsätze stiegen, auch die Gewinne konnten überall „deutlich verbessert“ werden. Der sonst eher schwächelnde Discounter Netto konnte den Gewinn nach Steuern um 10% auf 250 Mio.€ steigern. Online ist es aber im Vergleich zur Konkurrenz nicht so gut gelaufen. Deshalb hat man sich beim holländischen Online- Händler Picnic eingekauft, mit dem man auch im Warengeschäft kooperiert und sich damit (endlich) eine internationale Perspektive schaffen will, nachdem die selbstständigen Kaufleute den Konzern bisher auf Deutschland beschränkt haben und jetzt auch noch die europäische Einkaufkooperation Agecore gescheitert ist, in der Edeka mit französischen, spanischen Handelskonzernen den Einkauf bündelte, um bei der Industrie bessere Rabatte auszuhandeln. Auch im ersten Quartal 2021 geht es mit 6% Wachstum weiter aufwärts. Mit dem gewonnenen Geld will man seine Marktmacht ausdehnen. Die Übernahme von ca. 50 Märkten aus dem real- Deal kommt da gerade recht. Natürlich will man nicht als „unfairer“ Coronagewinner gesehen werden, tatsächlich hat man aber zunächst einmal für die Übernahme von real- Märkten von den Lieferanten Sonderabgaben gefordert. Und für die Bauern haben sie bisher höchstens gute Worte übrig. Kein Zusatzgeld wie Lidl für z.B. die Initiative Tierwohl. Stattdessen werden die Anforderungen an Tierwohl und Qualitäten für die Milchbauern erheblich erhöht – ohne dafür einen Ausgleich zahlen zu wollen. Ob sich das Schulze Delitzsch und Raiffeisen, die Gründer der Agrar- und Konsumgenossenschaften so vorgestellt haben? Aldi und die Kinderarbeit in der Kakaobranche Wer hat schon vom holländischen Schokoladenhersteller „Tony’s Chocolonely“ gehört, der seinen Kakaobauern einen existenzsichernden Einkaufspreis zusichert und sich die Überwindung der modernen Sklaverei und illegaler Kinderarbeit zum Ziel gesetzt hat? Schokotafeln dieser Marke werden in Zukunft bei Aldi und in Holland bei Albert Heijn zu kaufen sein, berichtet die Lebensmittelzeitung. Auch Rewe ist mit „Jokolade“ des TV- Moderators und Schokounternehmers Joko Winterscheidt in die nachhaltige Süßigkeit eingestiegen. Was zunächst mal wieder wie eine Imageaktion des Handels aussieht, um sein lädiertes Nachhaltigkeits- Ansehen aufzupeppen, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als durchaus bemerkenswerte Entwicklung. Zu Ostern (laut Süßwarenindustrie versüßen 214 Mio. Schokohasen das Osterfest) haben internationale anerkannte NGO’s führende Schokoladenunternehmen unter die Lupe genommen mit den Kriterien
- Menschenrechtliche Sorgfalt
- Transparenz und Rückverfolgbarkeit
- Existenzsichernde Einkommen
- Kinderarbeit
- Waldzerstörung, Agroforst und Klimawandel. Mit dem goldenen Ei wurde eben „Tony’s chocolonely“ ausgezeichnet mit großem Vorsprung vor Ritter Sport und Lindt. Mit Abstand und mit dem „Faulen Ei“ aufgrund mangelnder Transparenz gekennzeichnet rangiert Storck (Toffifee, Merci) auf dem letzten Platz noch deutlich hinter Stollwerck (Alpia, Sarotti) und Mars (u.a. m&m, Snickers, Twix). Auch entwicklungspolitische Gruppen begrüßen vielfache Aktivitäten im Kakaosektor. So erheben die beiden weltweit größten Kakaoländer Elfenbeinküste und Ghana zusätzliche Prämien für Exporte, um den Bauern stabile Preise zu zahlen. Aktuell greift an der Elfenbeinküste seit dem 1.4. der Fairtrade-Mindestpreis für alle zertifizierten Erstkäufer, der den durch Überschuss um 12% gesunkenen staatlichen Preis ausgleicht. Gegen Kinderarbeit, so das „Forum nachhaltiger Kakao“, wird sicherlich viel getan, aber eine Garantie kann keiner geben.
01.05.2021
Von: hg

Existenzsichernde Preise für die Kakaobauern und die Überwindung der modernen Sklaverei und illegaler Kinderarbeit verspricht eine Schokolade, die Aldi jetzt im Angebot hat. Foto: Aldi-Nord