Im Banne der Viren

Wenn ein Hollywood-Regisseur einen Film über den heutigen Zustand der Welt drehen würde, dürfte es wohl ein Horrorfilm werden. „Im Banne der Viren“ oder „Der Angriff der Killerviren“ könnte er heißen, wenn es den Filmtitel nicht schon gibt. Tatsächlich wird die ganze Welt seit über einem Jahr von Viren bestimmt. Besonders das Corona- Virus Covid-19 hält die Welt in Atem. Erste Welle, zweite Welle, dritte Welle, ... mit Mutanten aus Großbritannien, Brasilien oder Südafrika, ... und immer wieder suchen wir das Licht am Ende des Tunnels. Afrikanische Schweinepest Dabei ist in der Tierhaltung seit Jahren der Kampf gegen tödliche Viren ein Schwerpunkt der Biosicherheitsmaßnahmen. Doppelte Zäune, geschlossene Ställe, wenig Kontakte (Tiertransporte), Verhaltenshinweise an LKW-Fahrer auf den Autobahnrastplätzen sind an der Tagesordnung. Seit vor einigen Jahren die Afrikanische Schweinepest (AFP) an verschiedenen Ecken der Welt ausgebrochen war, stand der Schweinemarkt unter dem Eindruck des Virus. Kommt sie nach Deutschland – oder besser: Wann kommt sie? – war die Hauptfrage auf den Märkten. Der Durchbruch kam in Ostasien. In China verendeten zwischen 2018 und 2020 mindestens 300 Millionen Schweine. Aber auch in Vietnam und auf den Philippinen wütete die Pandemie. Der Schweinemarkt steht seitdem auf dem Kopf. Inzwischen ist das Virus auch in Europa verbreitet: in Russland, in Polen, eine Zeitlang in Tschechien, in Belgien und seit September auch in Deutschland. Bisher betrifft es in Deutschland „nur“ Wildschweine und „nur“ einige Regionen im Osten des Landes, aber ob man es stoppen kann, steht in den Sternen. Und wenn es in Hausschweinpopulationen Niedersachsens oder des Münsterlandes, den Hochburgen der Schweinehaltung, auftreten sollte, dann wird die Geschichte der Schweinefleischproduktion neu geschrieben werden müssen. Geflügelpest In der Geflügelhaltung geschieht das Auftreten von Pestviren inzwischen fast regelmäßig. Alle paar Jahre zieht ein Pestzug durch das Land, hervorgerufen durch Wildvögel. In den letzten Wochen erlebt Deutschland aber den schlimmsten je registrierten Vogelgrippeausbruch. Nach Auskunft des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) wurden bereits 1,4 Mio. Tiere gekeult. Besonders betroffen ist Niedersachsen mit allein über einer Million Tiere. Die größten Tötungsaktionen mussten im Gebiet Cloppenburg/Vechta, dem Gebiet mit besonders großer Geflügeldichte, vorgenommen werden. Inzwischen ist auch mit dem Münsterland eine weitere Intensivregion von dem Virustyp H5N8 betroffen. Auch in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Bayern (Unterfranken, Dachau) ist das besonders aggressive Virus nachgewiesen. 41.000 Puten im Landkreis Cloppenburg, 50.000 Tiere in Schwandorf, 81.000 Tiere im Kreis Plön, 103.000 Legehennen in Vechta, 17.000 Puten in Garrel und Emstek (Oldenburger Land), 14.000 Puten in Uckermark (Brandenburg), 20.000 Puten in Vorpommern-Rügen, 30.000 Legehennen im Kreis Paderborn – riesige Keulungen allein in den letzten Wochen. Die vom Friedrich-Löffler-Institut (Bundesinstitut für Tierseuchen) festgestellten Fälle ließen sich leicht erweitern. Alle Tiere müssen nach den Auflagen der Geflügelpestverordnung umgehend getötet werden, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Errichtung von Sperrbezirken von mindestens drei Kilometern, Beobachtungsgebiete von mindestens zehn Kilometern, Stallpflicht für alle Betriebe, kein Tierverkehr, keine Mistausbringung in der betroffenen Region wurden von den Behörden verordnet. „Der Infektionsdruck hat deutlich zugenommen“, stellt Schleswig-Holsteins Agrarminister Albrecht fest. In Bayern, Hannover, Hamburg und im Münsterland herrscht in vielen Kreisen eine Stallpflicht. Damit muss in diesen Risikogebieten das gesamt Freilandgeflügel aufgestallt werden. Und nur für eine Übergangszeit darf es trotzdem als Freilandgeflügelfleisch oder Freilandeier gekennzeichnet werden. Infektionsrisiken Zu allem Übel haben russische Behörden auch noch gemeldet, dass das Vogelgrippevirus H5N8 erstmals bei Menschen nachgewiesen sei, die mit Geflügelhaltung in Berührung stehen. Daraufhin hat Ministerin Klöckner das Friedrich-Löffler-Institut mit einer Studie beauftragt, um die Infektionsrisiken für den Menschen beurteilen zu können. Darin soll auch die ausstehende Bewertung der Weltgesundheitsorganisation einfließen. Die Hinweise auf Übertragungen von Tieren auf Menschen würden sehr ernst genommen. Eine Weitergabe von Mensch zu Mensch sei wissenschaftlich nicht belegt.
12.04.2021
Von: Hugo Gödde, Marktbeobachter

Artgerechte Haltung trotz Keimen