Bio boomt weiter

Der Biomarkt gehört ohne Zweifel zu den Coronagewinnern. Offensichtlich ist bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern durch das eigene Kochen das Qualitätsbewusstsein gestiegen. Von den Hofläden bis zu den Discountern profitieren alle Vermarktungswege von der Sonderkonjunktur durch die Erfordernisse der Pandemie. Auch die Ökolandwirtschaft insgesamt nutzt diese Entwicklung. In nahezu allen Bereichen stehen die Zeichen auf Expansion. Umstellungswillige Bauern werden gesucht. Zugleich dämpfen viele Marktpartner ungezügelte Zuwächse, da Erfahrungen fehlen, wie es nach der Pandemie weitergeht, ob sich höhere Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen auf den Markt auswirken. An der langjährigen Bauernweisheit hat sich nichts geändert: Erst die Vermarktung klären, dann umstellen. „Ein gutes Bio- Jahr 2021“
Aber für 2021 rechnen erst einmal alle Marktbeobachter mit steigender Nachfrage. Dabei wurde das letzte Jahr mit einem Umsatzwachstum von über 22% für den gesamten Sektor bereits als außergewöhnlich oder historisch eingestuft. Mit 15 Mrd. € Umsatz (+22%) ist Deutschland nach wie vor der attraktivste Markt in Europa. Und der Lebensmitteleinzelhandel ist mit 60% der größte Umschlagplatz für Bioprodukte - weit vor dem Naturkosthandel, dem Handwerk oder der Direktvermarktung. Milch
2020 konnte der Absatz der Biomilch um ca. 5% erhöht werden, so dass die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre fortgeschrieben wird. Inzwischen werden auch wieder neue Umsteller von vielen Molkereien aufgenommen. Auch Biomolkerei Usseln-Urgestein und Aufsichtsratsvorsitzender der Molkerei Josef Jacobi freut sich, dass man „fast täglich ausverkauft ist“ und neue Betriebe suche. Besonders Bayern mit ca. 50% der Biomilcherzeugung und -vermarktung sieht gute Aussichten. Im Süden werden auch die besten Milchpreise gezahlt. Nach einem weitgehend stabilen Jahr 2020 mit 47,5 ct/ kg Milch liegen sie inzwischen bei 48,5 ct/ kg mit Tendenz nach oben. Bioland- Milchexperte Brügmann sieht durchaus gute Chancen, dass im Sommer die 50 ct./kg-Marke erreicht werden kann. Erstaunlicherweise (oder auch nicht?) liegen die Großmolkereien Campina und Arla mit etwa 44-45 ct. deutlich unter dem Schnitt. Laut Jacobi entwickeln sich auch Sortimente wie Weidemilch oder die Verbrauchermarke ‚Du bist hier der Chef‘ kontinuierlich, auch wenn „die Bäume nicht in den Himmel wachsen“. Schweine und Ferkel
Laut Marktbeobachtern ist der Bioschweinemarkt weiterhin unterversorgt. Die Absatzsteigerung der letzten Monate haben es erneut belegt. Alle Vermarkter suchen händeringend. Das Wachstum konnte allein von deutschen Betrieben nicht bedient werden. Häufig ist nicht genug Verbandsware für bestimmte Kunden verfügbar, so dass auf EU- Ware ausgewichen wird. Besonders Bioferkel fehlen, so dass rund 25% vor allem aus Dänemark und Holland importiert werden. Außerdem sind ausländische Teilstücke etwas günstiger. Wenn der Kunde nicht auf einheimischer Ware besteht, wird gern zur Importware gegriffen. Aber aus dem Einzelhandel hört man immer wieder, dass heimische oder gar regionale Bioware bevorzugt würde – wenn sie verfügbar ist. Auch für 2021 ist beim teuren Biofleisch von steigenden Absatzmengen auszugehen. Der Durchschnittspreis für Bioschweine liegt aktuell bei 3,72 €/ kg (+3% gg. Vorjahr). Und das Bioferkel wird zur Zeit auf einem Allzeithoch mit 145 – 150 € je 25 kg Ferkel gehandelt (+7%). Trotzdem wird es bei Ferkeln richtig eng, wie u.a. die Biofleisch NRW Genossenschaft verlauten lässt. Rind
Unter den Produktgruppen haben 2020 Geflügel und Rindfleisch die größten Wachstumsraten. Nach den Bio- Schweinen fehlen jetzt auch die Rinder. Deutlich mehr – vor allem Kühe – könnten vermarktet werden, meldet die Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI). Die höheren Verkäufe im vergangenen Jahr und frühzeitige Schlachtungen im Herbst auf Grund der trockenheitsbedingten Futterknappheit (dem dritten Trockenjahr hintereinander!) führen jetzt zu Lücken. Die Preise für Schlachtrinder und -kühe sind im Februar gegenüber dem Vorjahr um 20-25 ct/kg gestiegen. Da sich die Biorinderpreise (glücklicherweise) in den letzten Jahren von den Schwankungen des konventionellen Marktes entkoppeln konnten, reagieren die Biopreise jetzt langsamer auf Marktänderungen, sind aber viel verlässlicher. Eier
Der Markt für Bio- Eier ist weiterhin auf Expansion. Die Nachfrage des LEH konnte nicht immer befriedigt werden. Inzwischen ist die Anzahl der Biohennen auf über 6 Mio. gewachsen, wobei die Zahl der kleinen Hennenhalter nicht mitgezählt wird. Marktkenner gehen davon aus, dass es etwa 500.000 Bio- Hühner in Mobilställen gibt. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung liegt der Anteil der Bio- Eier an den Haushaltseinkäufen bei 17%. Der Preis differiert natürlich stark je nachdem, ob man im Hofladen oder bei Aldi/Lidl einkauft. Getreide
In 2020 wurde ca. 1 Mio. t Bio- Getreide von etwa 365.000 ha geerntet. Nachdem im Herbst vor allem Umstellungsgetreide preislich unter Druck geraten war, hat sich der Preis zuletzt stabilisiert. Im Dezember wurde Brotweizen laut AMI zu 42,30 €/ dt, Roggen zu 30 €, Hafer zu 36,50 € und Futterweizen zu 31,50 €/dt gehandelt. Die Mischfutterpreise sind gegenüber dem Vorjahr nach einer Delle im Herbst wieder auf Vorjahresniveau. Milchleistungsfutter kostet 48,50 €, Schweine- Endmastfutter gut 46 € und Legehennen- Alleinfutter ca. 54 €/ dt. Die Mischfutterwerke sind mittlerweile zu großen Teilen mit Ware bis zum Sommer eingedeckt. Nur die Eiweißversorgung bleibt schwierig. Europäisches Bio- Soja ist Mangelware, auch alternative Ölpflanzen wie Bio- Raps und Bio- Sonnenblumen sind sehr knapp.