Verbände fordern: Umbau der Agrarpolitik jetzt!

Im Vorfeld der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) am 17.03. haben schleswig-holsteinische Landwirtschafts- und Naturschutzverbände gemeinsam gefordert, Natur-, Umwelt- und Tierschutz einkommenswirksam zu honorieren. Im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem Milchviehbetrieb von Uta von Schmidt-Kühl in Wasbek, Schleswig-Holstein, stellten sie ihre gemeinsamen Forderungen zur nationalen Ausgestaltung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vor. Die Kernaussage der Pressekonferenz lautet: Bäuerinnen und Bauern sind bereit für Klima-, Biodiversität-, Wasserschutz und Tierwohl, allerdings müssen die Gelder der GAP diese gesellschaftlichen Leistungen auch einkommenswirksam entlohnen. Im Namen der teilnehmenden Verbände forderte Berit Thomsen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die Agrarminister von Bund und Ländern auf, endlich den dringend notwendigen Umbau der GAP im Sinne des Gemeinwohls einzuleiten und dies auf der Sonder-AMK nachzuholen. „Hierfür müssen von Beginn an mindestens 30 Prozent der Gelder der sogenannten Ersten Säule der GAP zielgerichtet anhand des Instrumentes der Öko-Regelungen eingesetzt werden. Das Budget ist jährlich deutlich zu erhöhen. Bäuerinnen und Bauern, die wirksame Maßnahmen des Natur-, Umwelt- und Tierschutzes umsetzen, erhalten hierdurch eine zusätzliche Einkommensquelle.“ Eine wichtige Rolle kommt hierbei vor allem den kleinen und mittleren Betrieben zu, die einen besonderen Beitrag zur Artenvielfalt leisten, erklärt Stefan Wendlandt von Land schafft Verbindung (LsV): „Kleinere Schläge weisen verhältnismäßig mehr Hecken und Biotope auf, die ökologisch wertvolle Lebensräume für Insekten und andere Tiere, Gräser und Beikräuter sind.“ Außerdem gelte es, ergänzt Heiko Strüven vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), besonders arbeitsintensive und tierhaltende Betriebe speziell zu entlohnen: „Betriebe, die sich für ökologischere und tierwohlorientiertere Wirtschaftsweisen wie die Weidetierhaltung von Milchkühen entscheiden, erbringen konkrete Naturschutzleistungen.“ Uta von Schmidt-Kühl stellt klar: „Für Klimaschutz und Biodiversität gehört das Rind auf die Weide. Dauergrünland und Weidehaltung sind aus ökologischer und gemeinwohlorientierter Sicht von großer Bedeutung. Wir wollen und können der Gesellschaft Angebote machen, dass etwa die Weidezeiten dem hohen Standard von 120 Weidetagen à sechs Stunden täglich entsprechen. Aber dieser hohe Arbeitsaufwand muss sich für tierhaltende Betriebe wirtschaftlich widerspiegeln.“ Um den Schutz der Natur und den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft gleichermaßen nachhaltig zu gewährleisten, müssen wirksame Instrumente und Maßnahmen wie die Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL), die Einführung einer Strohprämie sowie einer Weidetierprämie, die auch für Milchkühe gilt, dringend umgesetzt werden. Die Stärkung kleiner und mittlerer Betriebe ist zudem nachhaltig durch eine deutliche Erhöhung der Direktzahlungen für die ersten Hektare (sog. Umverteilungsprämie) zu verbessern und durch eine Kappung der Direktzahlungen der GAP bei 150.000 Euro zu ergänzen. Dadurch werden kleinere und mittlere Betriebe im Verhältnis zu allen voran außerlandwirtschaftlichen Investoren am Bodenmarkt weniger benachteiligt. „Zu einer zukunftsfähigen GAP gehört zudem eine starke Marktordnung, die den Betrieben eine bedarfsgerechte Erzeugung und kostendeckende Erzeugerpreise ermöglichen. Dumpingpreise führen zu intensiveren Ackerbau- und Tierhaltungssystemen und widersprechen den Zielen der teilnehmenden Verbände“, so Dr. Jörg Bargmann vom Landesnaturschutzverband (LNV). Die Forderungen an die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und Ländern für die nationale Umsetzung der GAP im Überblick: - Gemeinwohlprämie des DVL umsetzen: Die Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL) bietet ein konkretes Konzept, wie die Entlohnung von Gemeinwohlleistungen in den Öko-Regelungen gelingen kann. Die Verbände unterstützen die Gemeinwohlprämie ausdrücklich und fordern die AMK auf, deren Einführung in der kommenden Förderperiode der GAP innerhalb der Öko-Regelungen konkret zu beschließen und voranzutreiben. Für das Instrument der Öko-Regelungen sind von Beginn an mindestens 30 Prozent der Gelder der Ersten Säule der GAP einzusetzen und das Budget für die Öko-Regelungen ist jährlich deutlich zu erhöhen. - Weidetierprämie für alle Rinder samt Milchkühen: Die außerordentliche Agrarministerkonferenz vom 05.02.2021 schlägt eine Weidetierprämie vor. Der Vorschlag des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) vom 01.03.2021 sieht lediglich eine Weideprämie für Schafe, Ziegen und Mutterkühe vor. Die Verbände begrüßen den Vorschlag einer Weideprämie und fordern, diese für alle Rinder samt Milchkühen geltend zu machen. Diese Maßnahmen sind dringend in die Öko-Regelung aufzunehmen und attraktiv auszugestalten, damit weidehaltende Betriebe angemessen honoriert werden bzw. sich für mehr Betriebe Weidehaltung wirtschaftlich lohnt. - Strohprämie für mehr Tierwohl: Die Verbände fordern die Aufnahme einer Strohprämie für mehr Tierwohl und Gewässerschutz in die Maßnahmen der Öko-Regelung. Die EU-Kommission adressiert in ihrem Arbeitsdokument vom 18.12.2020 zur nationalen Umsetzung der GAP die kontinuierlich hohen Nährstoffüberschüsse in deutschen Gewässern und schlägt entsprechende Umbaumaßnahmen in Tierställen vor. - Kleine und mittlere Betriebe stärken: Der von den CDU-Bundesländern eingebrachte Vorschlag der Umschichtung der Ersten Hektare bei der außerordentlichen Agrarministerkonferenz am 05.02.2021 wird begrüßt und ist rasch umzusetzen. Demnach sollen mindestens 15 Prozent der Direktzahlungen umgeschichtet werden. Diese Umschichtung soll für Betriebe bis 300 ha gelten. Für die ersten 30 Hektare erhalten die Betriebe 100 Euro pro Hektar, für die weiteren 40 Hektare 50 Euro. Diese Umschichtung auf die ersten Hektare ist weiterhin schrittweise auf die möglichen 30 Prozent zu erhöhen. Um den außerlandwirtschaftlichen Investoren etwas entgegenzusetzen, ist außerdem eine Kappung bei 150.000 Euro einzuziehen, die ab 60.000 Euro durch eine wirksame Degression (Kürzung) einzuleiten ist. Zur besonderen Honorierung tierhaltender und arbeitsintensiver Betriebe muss die Möglichkeit bestehen, die halben Lohnkosten anzurechnen.
20.03.2021
Von: FebL/PM

Auf der Pressekonferenz von links: Berit Thomsen (AbL), Uta von Schmidt-Kühl (LsV), Matthias Stührwoldt (AbL), Markus von Schmidt-Kühl (LsV), Iris Pretzlaff (LNV), Thilo von Donner (LsV), Holger Gerths (Landesnaturschutzbeauftragter), Heiko Strüven (BDM). Foto: AbL