NGG: "Arbeitgeber wollen Billiglöhne zementieren"

Die zweite Tarifrunde zwischen den Arbeitgebern der Fleischbranche und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am 16. März blieb ohne Ergebnis. Die NGG lehnt das Mindestlohnangebot der Arbeitgeber von 10 Euro als "völlig indiskutabel" ab. "Das heute vorgelegte Angebot ist völlig indiskutabel. Die Arbeitgeber wollen die Billiglöhne auf Jahre zementieren. So kommt die Branche niemals aus der Schmuddelecke heraus." Das erklärt Freddy Adjan, stellvertretender NGG-Vorsitzender, im Anschluss an die zweite Tarifverhandlung. Die Verhandlungen wurden ohne Ergebnis vertagt und sollen am 29. März 2021, voraussichtlich erneut in Hamburg, fortgeführt werden. Das ‚Arbeitsschutzkontrollgesetz‘ bietet laut NGG der Branche die Chance auf einen Neustart ohne Skandale und das Ende des jahrzehntelangen Unterbietungswettbewerbs. „Die Fleischbarone sind drauf und dran, diese einmalige Chance wegzuwerfen“, so Adjan. In der Verhandlung hätten die Arbeitgeber lediglich einen Mindestlohn von 10 Euro geboten. Für „diese extrem harte Arbeit“ sei das laut Adjani „viel zu wenig“. Die Beschäftigten erwarteten völlig zu Recht viel mehr. „Die Arbeitgeberseite muss in der dritten Verhandlung deutlich nachlegen und zeigen, dass sie wirklich mit Ausbeutung und den jahrelangen Skandalen Schluss machen will. Einen Billigtarifvertrag wird es mit uns nicht geben. Den vollmundigen Versprechungen von Herrn Tönnies und anderen müssen endlich Taten folgen“, erklärt Adjani abschließend. Clemens Tönnies hatte im vergangenen Jahr, nachdem der Corona-Ausbruch in seinem Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück die Arbeits- und Lebensbedingungen der Werkvertragsarbeiter dort in den Blick der Öffentlichkeit gerückt hatte, unter anderem erklärt: „Ich bin dafür, den Mindestlohn für die Fleischwirtschaft erheblich zu erhöhen und allgemeinverbindlich zu machen.“. Das könne er aber nicht alleine machen, da müsse die Branche insgesamt mitziehen. Die Gewerkschaft NGG ist mit folgenden Forderungen in die Verhandlungen gegangen:
- Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde für alle Beschäftigten in der Schlachtung und Verarbeitung, einschließlich Geflügel,
- Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro pro Stunde nach einer kurzen Einarbeitungszeit,
- Mindestlohn von 17 Euro pro Stunde für Facharbeiter. In einem weiteren Tarifvertrag sollen die Mindestarbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Arbeitszeitkonten, Zuschläge und Urlaub für die rund 160.000 Beschäftigten in der Branche geregelt werden. Diese Tarifverträge sollen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt werden. Das heißt, sie gelten dann für alle Beschäftigten in der Fleischwirtschaft unmittelbar und zwingend, unabhängig davon, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist. Der Verband der Ernährungswirtschaft für Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt bietet an, den Mindestlohn in vier Stufen bis zum 1. Juli 2024 von 10 auf 12 Euro Stundenlohn anzuheben. Somit würde der tarifliche Mindestlohn innerhalb der Laufzeit um 25 Prozent gegenüber dem gesetzlichen Mindestlohn von 9,60 Euro steigen, rechnet der Verband vor. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro angehoben und wird weiter erhöht zum 1. Juli 2021 auf 9,60 Euro, zum 1. Januar 2022 auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro.
20.03.2021
Von: FebL

Noch kein Ergebnis bei der Tarifverhandlungen für die Fleischbranche. Foto: Tönnies