Ministerin Klöckner bleibt deutlich unter ihren Möglichkeiten

Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlichten Eckpunkte für die nationale Ausgestaltung der GAP nach 2023 werden deutlich kritisiert. Sie sehen für das neue Instrument der Öko-Regelungen lediglich einen Budget-Anteil von nur 20 Prozent vor. Die Umsetzung der auch vom bundeseigenen Thünen-Institut als besonders umweltwirksam eingestuften Gemeinwohlprämie ist im Papier ebenso wenig enthalten wie eine wirksame Kürzung der Prämien für außerlandwirtschaftliche Investoren. Auch die angeblich erweiterte Förderung von Junglandwirt*innen ist im Konkreten nicht nachzuvollziehen. So lauten zentrale Kritikpunkte von Nichtregierungsorganisationen. Kritik kommt auch aus der Politik. „Nacharbeiten“ lauter der Auftrag von Elisabeth Fresen, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) an Ministerin Klöckner (CDU). „Ministerin Klöckner hat es erneut verpasst die große Chance der Öko-Regelungen angemessen aufzugreifen. Dies gilt sowohl für die Höhe des vorgesehenen Budgets als auch für die im Papier genannten Maßnahmen und deren Umsetzung. Konkret fehlen z.B. Öko-Regelungen zur Entlohnung des Verzichtes auf Pflanzenschutzmittel oder Mineraldünger. Gleiches gilt für eine kleinteilige Ackerbewirtschaftung. Die vorgeschlagenen 20 Prozent reichen nicht ansatzweise aus, um den ökologischen und ökonomischen Herausforderungen in der landwirtschaftlichen Praxis wirksam begegnen zu können. Nötig ist ein Einstig mit mindestens 30 Prozent, der zudem jährlich ansteigt. Auch die Tatsache, dass die Ministerin die Ergebnisse des bundeseigenen Thünen-Instituts zur Umsetzung der Gemeinwohlprämie in den Öko-Regelungen nicht aufgreift und deren Umsetzung nicht vorantreibt, ist weder nachvollziehbar noch zielführend", erklärt Freesen und weist auf weitere fehlende Antworten im Eckpunkte-Papier hin. Zur Junglandwirt*innenförderung sowie Kappung und Degression erklärt die AbL-Vorsitzende. „Das heute vorgelegte Papier gibt keine Antwort darauf wie außerlandwirtschaftliche Investoren zukünftig durch eine Kappung und Degression von der Förderung ausgeschlossen werden sollen. Auch ist die angebliche Steigerung der Förderung für Junglandwirte nicht nachvollziehbar, da auch weiterhin nur 2 Prozent der Direktzahlungen für die Junglandwirt*innenförderung genutzt werden sollen – auch hier muss die Ministerin nacharbeiten, wenn sie es mit ihren Ankündigungen ernst meint.“ BUND: Pläne enttäuschen und sind ärmlich
„Die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland stehen vor enormen Herausforderungen: bessere Tierhaltung, mehr Umweltschutz und das bei fairen Erzeugerpreisen. Angesichts dessen sind die Vorschläge aus dem Agrarministerium ärmlich. Julia Klöckner bleibt visions- und ambitionslos: Sie bewegt sich am unteren Limit dessen, was im noch laufenden Trilog-Verfahren in Brüssel diskutiert wird. Doch auf das Verhandlungsergebnis warten will sie wohl nicht und macht stattdessen Tempo“, kommentiert Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dabei wäre es laut BUND dringend notwendig, die Agrarmilliarden für mehr Umwelt- und Klimaschutz sowie für den Umbau der Landwirtschaft zu nutzen. „So ist völlig unklar, wie die Bundesregierung ihr Ausbauziel für 20 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030 finanzieren will. Denn die Ministerin plant weder mehr Geld für den bisherigen Fördertopf ein, noch schlägt sie vor, Bio-Bauernhöfe zu stärken, indem diese zukünftig aus einem anderen Fördertopf finanziert werden. Ihr fehlt der Kompass, um Bäuerinnen und Bauern eine wirtschaftliche Zukunft aufzuzeigen und das mit Natur- und Klimaschutz zu verbinden“, erklärt Bandt. Greenpeace: Fortsetzung der schlechten Agrarpolitik
Auch Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter sieht deutliche Mängel im Eckpunkte-Papier. „Auch wenn Ministerin Klöckner erneut behauptet, den längst überfälligen Systemwechsel eingeleitet zu haben, setzt sie mit dieser Gesetzesvorlage nur die schlechte Agrarpolitik von gestern fort. Die milliardenschweren Agrarsubventionen werden weitere sieben Jahre ganz überwiegend nach altem Muster verteilt. So sollen für Naturschutzmaßnahmen und den Ausbau des Ökolandbaus statt derzeit sechs in den kommenden Jahren acht Prozent der Direktzahlungen zur Verfügung gestellt werden. Inflationsbereinigt kann damit nicht einmal das jetzige Niveau gehalten werden“, erklärt Hofstetter. Es fehle nicht nur an Geld für eine gezielte Förderung, um Umwelt und Klima zu schützen. „Klöckner schlägt auch keine wirkungsvollen Maßnahmen vor, die Landwirten Anreize bieten - etwa für den Verzicht auf den klimaschädlichen Ackerbau auf kohlenstoffreichen Moorböden. Dabei müssten die flächenbezogenen Direktzahlungen in den kommenden Jahren auslaufen und die gezielte Förderung ökologischer Maßnahmen in der Landwirtschaft dynamisch ansteigen. Nun müssen Umweltministerin Svenja Schulze und die SPD im Bundestag weitgehende Korrekturen einfordern. Sonst verfehlt die Landwirtschaft die Vorgaben des „Green Deal“ der EU-Kommission ebenso wie die Pariser Klimaziele“, so der Greenpeace-Agrarexperte. Vogel fordert BMEL auf, abgestimmtes Vorgehen mit den Bundesländern einzuhalten
Brandenburgs grüner Landwirtschaftsminister Axel Vogel fordert mit Blick auf die Eckpunkte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf, die von den Bundesländern einstimmig getroffenen Beschlüsse zum weiteren Vorgehen einzuhalten und eine Ländereinigung nicht mit eigenen Festlegungen zu torpedieren. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Bundesministerin Julia Klöckner bereits getroffene Absprachen der Bundesländer ignoriert und auch ressortabgestimmen Vorschlägen der Bundesregierung vorgreift. Als Länder haben wir zur Agrarministerkonferenz (AMK) am 5. Februar 2021 einen Weg für ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern aufgezeigt, den wir mit einer weiteren Sonder-Agrarministerkonferenz am 17. März fortsetzen werden“, so Minister Axel Vogel. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Bundesministerin im Vorfeld von Landtagswahlen Vorfestlegungen zur Förderung bestimmter Betriebsstrukturen treffen will, die eine faire Kompromissfindung zwischen den Bundesländern erschweren. Diese Festlegungen, insbesondere die Begrenzung der Umverteilung auf Betriebe bis 300 Hektar und die Nichtberücksichtigung von Mehrfamilienbetrieben, benachteiligen die gewachsenen Strukturen in Ostdeutschland. Dafür habe ich weder Verständnis noch sind die vorgelegten Vorschläge für Brandenburg akzeptabel“, so Minister Axel Vogel. „Die zentralen Herausforderungen für eine zukunftsfähige Agrarpolitik sind die Bewältigung von Klimakrise und Artensterben bei gleichzeitiger Sicherung von guten Einkommen auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Betriebe müssen unabhängig von Größe und Betriebsform für ökologische Leistungen honoriert werden. Noch hat die EU das Mindestbudget für die Ökoregelungen im Trilog noch nicht abschließend vereinbart. Mit ihren Vorschlägen, nur 20 Prozent für Ökoregelungen vorzusehen und lediglich 8 Prozent der Mittel von der ersten in die zweite Säule umzuschichten, wird Ministerin Klöckner den Zukunftsaufgaben in Landwirtschaft und ländlichen Räumen jedoch auf keinen Fall gerecht.“ Eine zielorientierte nationale Ausgestaltung der Europäischen Agrarpolitik kann nur in einem fairen Kompromiss zwischen den Interessen aller Bundesländer liegen. „Daher appelliere ich an die Bundeslandwirtschaftsministerin und meine Ministerkolleginnen und –kollegen, am vereinbarten Weg zur Findung gemeinsamer Festlegungen festzuhalten“, so Axel Vogel. „Es geht nicht um Klein gegen Groß oder Ost gegen West, sondern um gemeinsame Herausforderungen, die wir miteinander zu bewältigen haben. Wir müssen gemeinsam die Transformation der Landwirtschaft in allen Bundesländern mit guten Förderangeboten und ausfinanzierten Programmen begleiten.“ Backhaus: In Teilen positiv
Für den Agrar- und Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), ist der Entwurf zu Eckpunkten „in Teilen als positiv“ zu bewerten. „Ich nehme erfreut zur Kenntnis, dass einige unserer Ideen wenigstens zum Teil in den Entwurf eingegangen sind. Da sich die Agrarminister der Länder bei ihrer letzten Konferenz nicht einigen konnten, hatte Julia Klöckner ja angekündigt, einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Den werden die Länder nun intensiv beraten und schnellstmöglich Position beziehen“, sagt Minister Backhaus. „Ich kann allerdings nicht verstehen, dass die ländlichen Räume erneut keinen Platz in dem Konzept der Ministerin gefunden haben. Man kann doch 60 Prozent der Deutschen nicht vergessen – so viele leben in ländlichen Räumen. Und dabei geht es um sehr viel Geld – fast 400 Mrd. Euro für Europa und rund 31 Mrd. Euro für Deutschland. Geld, das wir dringend brauchen, um die Entwicklung in den ländlichen Räumen voranzubringen ebenso wie für den Klima- und Artenschutz und für sauberes Wasser. Wir hatten daher zur Sonder-AMK ein Eckpunktepapier vorgelegt. Jetzt muss es darum gehen, dass einige Länder ihre Blockadehaltung aufgeben. Ich habe Hoffnung, dass jetzt wieder Bewegung in die Sache kommt“, fährt Backhaus fort. „Wichtig ist aber auch, dass der Trilog in Brüssel bald zu einem Ergebnis kommt. Landwirtschaft ist kein Tagesgeschäft – sie braucht Planungs- und Rechtssicherheit. Daran fehlt es zurzeit völlig. Deswegen verstehe ich in Teilen den Unmut der Landwirtinnen und Landwirte, die uns täglich mit hochwertigen Nahrungs­mitteln versorgen. Aber Unmut ist keine gute Basis, wenn man Kompromisse braucht. Ich möchte, dass wir zu einem echten Paradigmenwechsel kommen. Wir müssen Anreize für die Landwirtschaft schaffen, damit es attraktiv wird, Verantwortung für den Umwelt-, Klima- und Artenschutz zu übernehmen.“ Der Minister kündigt an, weitere Vorschläge für die Beratung der Agrarminister der Länder vorzulegen: „Ich stehe weiter zu der Forderung nach gleichen Lebensverhältnissen. Aber was nicht vergleichbar ist, darf man nicht mit aller Macht gleichmachen wollen. Ich bin kompromissbereit. Aber Lösungen, die einseitig die Ostländer benachteiligen, werde ich nicht mittragen.“ Rukwied: Vorschlag mit Licht und Schatten
Licht und Schatten sieht der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, in seiner ersten Bewertung des Vorschlages der Ministerin: „Der Vorschlag hat Licht und Schatten. Positiv sind die Ansätze bei den so genannten Eco Schemes, also neuen freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen. Die Vorschläge gehen grundsätzlich in die richtige Richtung, es muss dabei auf eine bürokratiearme Umsetzung geachtet werden. Ausgesprochen kritisch zu sehen sind hingegen zusätzliche Kürzungs- und Umverteilungsmechanismen durch die Neueinführung einer betrieblichen Degression, eine Regelung für verbundene Unternehmen und die erhöhte Umschichtung von der 1. Säule in die 2. Säule. Dies schwächt die Betriebe und schafft zusätzliche Nachweisbürokratien. Der DBV bleibt bei der Forderung, statt Kappung und Degression auf einen maßvollen Zuschlag für die ersten Hektare zu setzen.“ Eine detaillierte Bewertung durch den DBV könne erst erfolgen, nachdem das Bundeslandwirtschaftsministerium den Gesetzesentwurf den Verbänden zur Anhörung zugeleitet hat. Das ist mittlerweile erfolgt. Dabei wird die zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumte Frist von wenigen Tagen von der AbL scharf kritisiert.
08.03.2021
Von: FebL/PM

Die GAP gestaltet maßgeblich Landwitschaft, Landschaft und Ländliche Räume. Foto: Dahlmann