Wirksames Lieferkettengesetz droht zu scheitern

In der Auseinandersetzung um ein Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards hat auch ein Spitzentreffen am 5. Februar unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, an dem auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) teilnahmen, keine Einigung gebracht. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden, teilt die Deutschen Presse-Agentur (dpa) unter Bezugnahme auf Äußerungen aus beteiligten Ministerien mit. „Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an einer Finalisierung in den nächsten Tagen“, zitiert nach dem Treffen das Handelsblatt einen Sprecher Müllers. Ziel von Heil und Müller sei es demnach, ein Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Die Bundestagswahl ist im Herbst. Dem Vernehmen nach, so das Handelsblatt, ist innerhalb der Koalition der Hauptstreitpunkt vom Tisch, nämlich eine zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für Geschäftspartner im Ausland, die dort eigenen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Eine solche Regelung wird von Wirtschaftsverbänden und auch Altmaier entschieden abgelehnt. Offen sei dem Vernehmen nach nun unter anderem noch, auf welche Lieferbeziehungen sich ein Gesetz genau beziehen soll, also nur auf direkte Lieferanten, was für den Fall, dass ein solches Gesetz überhaupt kommen sollte, von den Wirtschaftsverbänden gefordert wird, oder auch auf weitere. Für das Bündnis „Initiative Lieferkettengesetz“ ist die zivilrechtliche Haftung „ein Kernbestandteil für ein wirksames Gesetz“ und eine Beschränkung der Sorgfaltspflicht auf direkte Zulieferer „würde das Gesetz endgültig ad absurdum führen, da es dann weder Kinderarbeit auf Kakaoplantagen noch Umweltschäden im Rohstoffabbau erfassen würde“. VENRO: Keine Beschränkung auf direkte Zulieferer
Vor dem Spitzengespräch hatte der Bundesverband entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen (VENRO) auf die Notwendigkeit eines Lieferkettengesetzes hingewiesen und Minister Altmaier aufgefordert, seine Blockadehaltung aufzugeben. „Ein wirksames Gesetz zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt ist überfällig“, erklärte Dr. Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. Ein Lieferkettengesetz bedeute Rechtssicherheit für alle betroffenen Unternehmen und sorge dafür, dass nicht jene Unternehmen benachteiligt werden, die freiwillig auf hohe Standards achten. Verbindliche Regelungen schafften ebenso Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland. Sie müssten sich darauf verlassen können, dass sie mit ihrem Einkauf weder Ausbeutung noch Umweltzerstörung unterstützen. Auch aus Sicht von VENRO ist es keine Option, die Sorgfaltspflicht der Unternehmen auf ihre direkten Zulieferbetriebe zu beschränken. Insbesondere für die Menschen, die am Anfang der Lieferketten etwa in Bergwerken oder auf Plantagen unter den elendesten Bedingungen arbeiten, müsse das Gesetz Wirkung entfalten und dazu beitragen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.