Naturland: Hahnenaufzucht statt „In Ovo“-Selektion

Bei Naturland soll in Zukunft zu jeder Legehenne auch der dazugehörige Bruder aufgezogen werden. Mit einem entsprechenden Beschluss hat die Naturland Delegiertenversammlung ein klares Signal gegen das Kükentöten und die „In Ovo“-Selektion und für eine ganzheitliche Öko-Hühnerhaltung nach Naturland-Richtlinien gesetzt. „Als Öko-Verband ist es unser Anspruch, ganzheitliche Lösungen für das Problem des Kükentötens zu entwickeln. Diese Lösungen, an denen Naturland auch schon lange arbeitet, heißen Zweinutzungshuhn und Bruderhahn“, sagte Naturland-Präsident Hubert Heigl. Das Ziel von 100 Prozent aufgezogener Naturland-Brüder soll bereits Ende 2021 erreicht sein. Naturland sieht sich damit nach den Worten von Josef Bauer, Delegierter und Mitglied im Fachausschuss Geflügel, in einer „Spitzenposition“ auf dem Weg zu einer Hühnerhaltung ohne Kükentöten. „Schon heute wird bei Naturland zu jeder zweiten Legehenne auch der Bruder auf einem Öko-Betrieb aufgezogen, bis Ostern 2021 werden es voraussichtlich sogar 80 Prozent sein“, sagte Bauer, der mit seinem Betrieb selbst seit Jahren neben Eiern auch Bruderhähne vermarktet.
Um die 100 Prozent zu erreichen, soll die Aufzucht der Brüder nun in den Naturland-Richtlinien verpflichtend festgeschrieben werden, heißt es in dem Antrag, den die Delegierten mit großer Mehrheit verabschiedeten. Die Verabschiedung der eigentlichen Richtlinie soll im Frühjahr 2021 folgen, bis dahin werden die Details ausgearbeitet. Dazu gehört, dass die Hähne grundsätzlich nach Naturland Richtlinien aufgezogen werden sollen, nicht nach EU-Bio-Richtlinien. Regionale Kreisläufe stärken
„Unser Ziel sind möglichst regionale Kreisläufe und Wertschöpfungsketten. Durch die Aufzucht nach Naturland-Richtlinien stellen wir unter anderem sicher, dass auch das notwendige Futter in der Region erzeugt wird“, erläuterte Bauer. Zudem stünden ausreichend Naturland-Betriebe bereit, die die Aufzucht der Hähne dort übernehmen könnten, wo die Legehennenhalter nicht selbst in die Mast einsteigen wollten.
Die Nachfrage nach Bruderhahnfleisch ist Josef Bauer zufolge vorhanden, sei es nun für Wurstprodukte oder Babynahrung. Die Herausforderung liege eher bei den Schlachtstätten, die sich in manchen Regionen technisch erst noch auf die Verarbeitung der relativ schmalen Bruderhähne einrichten müssten. Zweinutzungshuhn und Bruderhahn als Weg
Neben der Aufzucht der Brüder aus reinen Legerassen arbeitet Naturland auch an der Weiterentwicklung der so genannten Zweinutzungshühner. Naturland-Präsident Heigl verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf das Anfang des Jahres gestartete Projekt RegioHuhn. In dem Forschungsprojekt unter Beteiligung der Fachberatung für Naturland sollen aus sechs alten, regionalen Hühnerrassen durch Kreuzungszucht neue, praxistaugliche Zweinutzungshühner entstehen.
„Wir brauchen eine Vielfalt der Rassen und eine Vielfalt der Lösungen insgesamt: also nicht Bruderhahn oder Zweinutzungshuhn, sondern beides“, sagte Heigl. Keine Lösung biete zum gegenwärtigen Zeitpunkt dagegen die so genannte „In Ovo“-Selektion, also die technische Früherkennung männlicher Küken im Ei. „Alle bislang bekannten Verfahren sind nur teure Scheinlösungen, bei denen statt eines geschlüpften Kükens ein bereits weitgehend ausgebildeter Embryo getötet wird. Dieses Geld ist besser investiert in die Aufzucht der Tiere“, unterstrich der Naturland-Präsident.