Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern weiterhin Stopp des EU-Mercosur Handelsabkommens und Transparenz in der Handelspolitik

Während die Bundesregierung weiterhin „Geist und Intention des Mercosur-Abkommens“ unterstützt, wie aus ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP hervorgeht, steht das Abkommen bei der heutigen Videokonferenz der Handelsminister*innen aller EU-Staaten nicht auf der Agenda. Noch zu Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Juli war erwartet worden, dass das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay bei der Sitzung am 9. November bereits zur Abstimmung stehen könnte. In den letzten Wochen ist in Deutschland wie auch innerhalb der EU weitere Kritik an dem Abkommen geäußert worden, so vom Europäischen Parlament, von den Konfererenzen der Agrarminister und Agrarministerinnen auf europäischer wie nationaler Ebene sowie von Umweltministerin Schulze. Darauf weist das Netzwerk Gerechter Welthandel hin. Auch die jüngsten, von den Regierungen Frankreichs und Schwedens und vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Studien belegen nach Ansicht des Netzwerks die gravierenden Folgen des Abkommens für Klima, Landwirtschaft, globale Gerechtigkeit und Menschenrechte. EU-Handelskommissar Dombrovskis zufolge finden derzeit Gespräche mit den Mercosur-Staaten statt, um diese zu weiteren Selbstverpflichtungen zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes und des Klimas zu bewegen. Dazu sagt Bettina Müller, Handelsreferentin von PowerShift: „Mit einem breiten, europaweiten und transatlantischen Bündnis ist es uns gelungen, auf die gravierenden Folgen des Abkommens aufmerksam zu machen. Nun kommt es darauf an, die richtigen Schlüsse aus der Kritik zu ziehen. Selbstverpflichtungen sind wirkungslose Papiertiger, da sie ebenso wie die bereits im Abkommen festgeschriebenen Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit nicht mit einem Durchsetzungsmechanismus verbunden sind.“ Sven Hilbig, Handelsexperte von Brot für die Welt, ergänzt: „Weder Öffentlichkeit noch Parlamente wissen, welche Vorschläge die EU-Kommission gegenüber den Mercosur-Staaten auf den Tisch gelegt hat und in welchem Rahmen sie diese verhandelt. Diese fehlende Transparenz ist absolut inakzeptabel. Unsere Partner in Südamerika sind zunehmend besorgt darüber, dass Brüssel einen Deal aushandelt, der Kleinbauern und Indigenen keinen wirklichen Schutz bietet.“ Handelsexperte Jürgen Knirsch von Greenpeace sagt: „Dieses Abkommen steht für eine Politik von gestern, die einseitig den Interessen der Automobil-, Chemie- und Agrarindustrie dient und die Umweltzerstörung weiter befeuert. Mit Zusatzerklärungen und kleinen Nachbesserungen ist dieses Abkommen nicht zu retten, stattdessen brauchen wir eine europäische Handelspolitik, die soziale Gerechtigkeit und den Schutz von Klima und Artenvielfalt in den Mittelpunkt stellt.“ Das Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten steht seit langem in der Kritik. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die mit dem Abkommen einhergehenden Landvertreibungen und Abholzungen, die die Klimakrise weiter verschärfen würden, sowie gegen die Verhinderung existenzsichernder landwirtschaftlicher Erzeugerpreise. In Deutschland sprechen sich über 70 zivilgesellschaftliche Organisationen mittlerweile in einem gemeinsamen Aufruf gegen das Abkommen aus. Das Klima-Bündnis, dem über 1.800 Städte und Gemeinden aus 27 europäischen Ländern angehören, hat in einer Resolution den Europäischen Rat aufgefordert, das Abkommen in seiner jetzigen Form abzulehnen. Auch die Bevölkerung lehnt das Abkommen mehrheitlich ab: Drei von vier Bürger*innen in Deutschland sowie in der EU sprechen sich für seinen Stopp aus. Mit einer Fotoaktion vor dem österreichischen Wirtschaftsministerium hat die dortige Plattform "Anders Handeln" die österreichische Regierung heute erneut aufgefordert, bei ihrem Nein zum Abkommen zu bleiben. Dem Netzwerk Gerechter Welthandel gehören unter anderem an: AbL, attac, BUND, Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), DGB, Deutscher Naturschutzring (DNR), foodwatch, Forum Umwelt und Entwicklung, Katholische Arbeitnehmerbewegung, Deutscher Kulturrat, Meine Landwirtschaft, NaturFreunde, Naturland, pax christi, Solidarische Landwirtschaft und die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.