Bundeskartellamt verhängt Bußgelder in Millionenhöhe gegen Pflanzenschutzgroßhändler

Das Bundeskartellamt hat von Januar bis April 2020 Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 157 Millionen Euro gegen acht Großhändler von Pflanzenschutzmitteln und deren Verantwortliche wegen Absprachen über Preislisten, Rabatte und einige Einzelpreise beim Verkauf an Einzelhändler und Endkunden in Deutschland im Zeitraum von 1998 bis zum 3. März 2015 verhängt. Betroffen sind folgende Unternehmen (z.T. mit individuell abweichendem Tatzeitraum):
- AGRAVIS Raiffeisen AG, Hannover/Münster
- AGRO Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, Holdorf (ab dem Jahr 2000)
- BayWa AG, München
- BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, Kiel (bis 12.01.2015)
- Getreide AG, Hamburg (ab dem Jahr 2008)
- Raiffeisen Waren GmbH, Kassel (bis Jahresende 2011)
- Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG, Köln, und
- ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe. In der Mitteilung des Bundeskartellamtes heißt es: Nach den Feststellungen der Bußgeldbescheide haben sich Großhändler für Pflanzenschutzmittel jeweils im Frühjahr und Herbst miteinander auf (rabattfähige Brutto-) Listenpreise und teilweise Rabatte und teilweise Netto-Netto-Preise für Pflanzenschutzmittel an Einzelhandel und Endverbraucher verständigt. In den Jahren 1998 bis 2014 verwendeten sie eine einheitliche Kalkulation zur Errechnung der Listenpreise für den Verkauf an Einzelhändler und Endkunden, die weitgehend einheitliche Preislisten aller Großhändler zur Folge hatte. Die Festlegung von Bruttolistenpreisen schloss Wettbewerb um Rabatte grundsätzlich nicht aus. Allerdings wurden von 1998 bis 2008 zudem unter sämtlichen Großhändlern (außer der Getreide AG), von 2009 bis 2012 noch unter den genossenschaftlichen Großhändlern (die Raiffeisen Waren GmbH nur bis zum Jahr 2011), die darauf zu gewährenden Rabattspannen sowie sog. Netto-Netto-Preise (Abgabepreise gegenüber Einzelhändlern ohne weitere Rabattierung) für besondere Fokusprodukte abgesprochen. Die Grundübereinkunft der Großhändler, diese Preise abzustimmen, wurde in den Jahren von 1998 bis 2011 durch eine Vielzahl konkreter Verabredungen im Rahmen vielfältiger Treffen in wechselnder Zusammensetzung praktiziert. Dabei kam es sowohl zu separaten Treffen jeweils der genossenschaftlichen Großhändler und der privaten Großhändler untereinander als auch zu übergreifenden Zusammenkünften sämtlicher bundesweit oder in einer bestimmten Region tätigen genossenschaftlichen und privaten Großhändler. Eine wichtige Rolle spielte zudem die sogenannte Elefantenrunde, in der grundsätzlich die vier marktstärksten Großhändler – jeweils zwei genossenschaftliche und zwei private – zusammenkamen. Diese übernahmen grundsätzlich die Vorabstimmung der Kalkulation dieser Preisangaben. Im Anschluss erfolgte die weitere Abstimmung unter den Großhändlern in zwei Lagern, einerseits unter den genossenschaftlich organisierten Großhändlern und andererseits unter den sogenannten Privaten, den nicht-genossenschaftlich organisierten Großhändlern. Das Ergebnis dieser Abstimmung, die Kalkulationsschemata sowie die fertig berechneten (rabattfähigen Brutto-) Preislisten, wurde dann allen Unternehmen jeweils zur Frühjahrs- und Herbstsaison zur Verfügung gestellt. In den Jahren 2012 bis 2015 fand der Austausch der Großhändler untereinander überwiegend schriftlich und fernmündlich statt, bis er schließlich mit der Durchsuchung des Bundeskartellamtes am 03.03.2015 – noch vor Beginn der Frühjahrssaison 2015 – ganz zum Erliegen kam.
31.10.2020
Von: FebL/PM

Das Bundeskartell verhängt Bußgelder an Großhändler von Pflanzenschutzmitteln, darunter auch die Agravis in Münster. Foto: Agravis