Liebe Widerständige … ... Menschen im Wendland

Ein riesiger Glückwunsch und ein großer Dank an euch, ihr habt durch euren jahrzehntelangen beharrlichen und friedlichen Widerstand gegen den Irrweg und das Unrecht der Atomenergie unserem ganzen Land einen unschätzbaren Dienst getan. Ihr habt – auch in den Jahren, als die Unterstützung bescheiden war – euch nicht beirren lassen und bei jedem Castor gekämpft, als wenn es der erste wäre. Ihr wurdet kriminalisiert, blutig geschlagen, eingesperrt, die Polizei zerstach eure Treckerreifen. Eure Kreativität, euer Widerstandsgeist und euer Zusammenhalt waren grenzenlos und die Pyramiden der Bauern immer intelligenter und unzerstörbarer. Ihr seid mit hunderten Treckern nach Berlin gefahren, mit einer klaren Botschaft, seid mehrmals mit vielen Treckern zu uns zum AKW Grohnde gekommen, habt uns gezeigt, wie man effizient Widerstand leistet, wie man das Menschenrecht auf eine unverstrahlte Zukunft vertritt. Nach Merkels Laufzeitverlängerung und Fukushima ist eure Saat überall im Lande aufgegangen, die Zivilgesellschaft hat massenhaft Position bezogen und die große Unterstützung für das Wendland gegen die Castoren kam auch noch nach „Merkels Atomausstieg“. Es war eine Freude, dabei sein zu dürfen. Die Nächte auf den Schienen und Straßen, bestens versorgt mit gutem Essen, wärmenden Feuern und Musik haben uns geprägt, bei unseren Kindern Bewusstsein geschaffen und gezeigt, dass Widerstand auch gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner funktionieren und viel bewegen kann. Auch wenn die Castoren am Ende immer – mit großer Verzögerung, immensen Kosten und gewaltiger Medienpräsenz – ihr Ziel erreicht haben. Die Energiewende, das Abschalten des letzten Meilers in zwei Jahren, das wäre ohne die Unbeugsamkeit der Menschen im Wendland niemals so gekommen. Bei euch war der Kristallisationspunkt im Kampf um eine sichere, zukunftsfähige, ehrliche und günstige Stromversorgung, im Wendland hat die Atomkraft letztlich ihr Ende gefunden. „Niemals aufgeben“ war das Motto, und genau das habt ihr nicht getan. Das Ende des Salzstockes als Atomlager in Gorleben und die Perspektive, dass der ganze „Schiet“ wieder abtransportiert werden wird, ist ein Grund, die Korken knallen zu lassen. Und nun, über 40 Jahre nach dem ersten Gorlebentreck, brennt unsere Erde auf allen Erdteilen, schmelzen Grönland, die Pole und der Permafrost, haben Bäuerinnen und Bauern weltweit Missernten und sterben bei uns die Nadelwälder, während die Laubwälder schwer krank sind. Dürre im dritten Jahr in Folge, ganze Regionen verdorren, Trockenheit wie seit 250 Jahren nicht, der Klimawandel zerstört jetzt schon bäuerliche Existenzen und bedroht unsere Lebensgrundlagen. Das Höfesterben, besonders in den Mittelgebirgen, wird sich ohne den Wald dramatisch beschleunigen. Die Zeit, um das Klima noch zu stabilisieren, schwindet, Kippunkte werden erreicht, uns bleiben bestenfalls noch eine Handvoll Jahre für ein Wunder, für die Sicherung des Menschenrechts auf ein Leben in einer einigermaßen intakten Natur. Wenn Bäuerinnen und Bauern, wenn viele Zehntausende in Deutschland im nächsten entscheidenden Wahljahr 2021, wie ihr es zum Schutz eurer Heimat getan habt, für das Klima aufstehen und der Gesellschaft und vor allem der so unfassbar verantwortungslos agierenden Politik die Leviten lesen, dann kann auch geschehen, dass Deutschland das Pariser Abkommen einhält und die Welt sich ein Beispiel nimmt. Noch haben wir es, für eine kurze Zeit, in der Hand. Die Jugend, die seit zwei Jahren, motiviert von Greta Thunberg, für ihre Lebensgrundlagen auf die Straße geht, braucht unsere grenzenlose Unterstützung. Lasst uns nun aufstehen und Widerstand leisten gegen eine Politik, die keine Verantwortung für unseren wunderbaren Planeten und seine Bewohner übernimmt. Mit dem Widerstandsgeist der Wendländer als leuchtendes Beispiel werden wir es hoffentlich schaffen.
30.10.2020
Von: Ulf Allhoff-Cramer, für die Widerständigen im Weserbergland und Lipperland

Jahrzehntelanger Einsatz gegen das Endlager im Salzstock