BN Bayern: Regionale Schlachtstrukturen aufbauen

Die Einführung eines Sonderförderprogramms für bestehende und künftig anzusiedelnde kleine Schlachthofstrukturen und das Metzgerhandwerk fordert der Bund Naturschutz in Bayern (BN) angesichts der unhaltbaren Bedingungen für Mensch und Tier in den Schlachtgroßkonzernen. Ein positives Beispiel für regionale Strukturen ist für den BN der Metzgerschlachthof in Fürth. „Der Metzgerschlachthof in Fürth ist mit der breiten Beteiligung von 105 Gesellschaftern, Metzgern, Landwirten und Viehhändlern, die eine GmbH mit gut ausgebildeten Lohnschlächtern einschließt, mit dem regionalen Einzugsgebiet und der inzwischen sehr guten Auslastung eine bundesweite positive Ausnahmeerscheinung, die dem langjährigen Engagement der Mitglieder der Fürther Metzgerinnung zu verdanken ist“, erklärt der BN Landesvorsitzende Richard Mergner. „Wenn dieses Modell in Bayern Schule machen soll, wie man es dem Plädoyer des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder entnehmen könnte, der sich in seiner Rede vom 3. Juli in Nürnberg gegen ‚Agrarkapitalismus‘ aussprach, dann muss Bayern ein Sonderförderprogramm für bestehende und künftig anzusiedelnde kleine Schlachthofstrukturen und das Metzgerhandwerk auflegen. Diese Strukturen sollten nicht nur bei den Investitionen in notwendige Modernisierung und Maßnahmen für mehr Tierschutz bei der Schlachtung, sondern auch bei den laufenden Kosten, wie z.B. der Fleischbeschau, unterstützt werden“, so Mergner. 2019 umfasste das Schlachtaufkommen der Fürther Genossenschaft 60.000 Schweine, 3800 Rinder und 1600 Schafe, das sind gerade einmal ein halbes Prozent der 2019 in Bayern geschlachteten Rinder und ein Prozent der Schweine. Regionale handwerkliche Strukturen im Schlachtbereich stehen laut BN heute unter einem massiven Konkurrenzdruck. Denn die Unternehmen Tönnies, Westfleisch, Vion, Danish Crown und die Müller-Gruppe beherrschen über zwei Drittel des Schlachtmarktes für Schweine und Rinder in Deutschland. Begriff „Regionalität“ führt häufig in die Irre
Mit dem Begriff „Regionalität“ würden die Verbraucher häufig in die Irre geführt, zum Beispiel wenn ausschließlich der Verarbeitungsort reicht, um ein Produkt als „hergestellt in Bayern“ kennzeichnen zu dürfen. Wenn die Nürnberger Rostbratwürste, die von vier Großunternehmen in Nürnberg hergestellt werden, in den Handel kommen, dann sei höchst fraglich wieviel regional erzeugtes Fleisch darin verarbeitet wird. Die Verarbeitung am Standort Nürnberg reiche aus, dass sie als Nürnberger Erzeugnis gehandelt werden dürfen. Ein anderes Beispiel ist für den BN Putenfleisch mit der Auszeichnung „in Bayern hergestellt“ bei dem die Puten nach Recherchen des ZDF in Chile gehalten und geschlachtet wurden. „Diese Praktiken gilt es zu beenden, eine Kennzeichnung der Herkunft und der Haltungsform ist entscheidend, um Transparenz zu schaffen“, so Mergner. Um handwerkliche Fleischverarbeitung dauerhaft in Bayern zu sichern und die schädliche Konzentration auf Großstrukturen zu verhindern, braucht es dringend staatliche Leitplanken, die Investitionen unterstützen und für kleine Strukturen die laufenden Betriebskosten reduzieren. „Regionale handwerkliche Strukturen überall in Bayern wiederaufzubauen ist sehr schwierig, denn es braucht geeignete Schlachthofstandorte und die Auslastung muss gewährleistet sein, ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen“, so Konrad Ammon, Innungsmeister in Fürth und Geschäftsführer des Metzgerschlachthofs in Fürth-Burgfarnbach. Fleischbeschaugebühren belasten kleinere Strukturen überproportional
Als Beispiel für die Entlastung kleiner Strukturen schlägt Ammon einen staatlichen Fonds vor, um handwerklichen Betrieben, die unter 1000 Schweine pro Woche schlachten, eine reduzierte Gebühr bei der Fleischbeschau zu sichern. „Denn die Vorgabe der kostendeckenden Erhebung der Fleischbeschaugebühren durch die Veterinärbehörden in den Städten und Landkreisen belastet Schlachtstätten mit geringen Stückzahlen überproportional“, so Ammon, und weiter: „Je mehr Tiere geschlachtet werden, umso geringer sind die Fleischbeschaukosten pro Tier", rechnet er vor. Der Metzgerschlachthof in Fürth hat beispielsweise doppelt so hohe Fleischbeschaugebühren durch die Veterinärkontrollen wie Großschlachtereien aus der Umgebung. (10,34 € pro Rind, 3,86€ pro Schwein). Bereits in den 90erJahren hat sich der BUND Naturschutz für die Förderung regionaler Vermarktungsstrukturen im Schlachthofbereich eingesetzt. „In der EWG Richtlinie vom 10.2.1992 wurde das Aus von kleinen Strukturen gesetzlich legitimiert, denn die neuen Hygienevorschriften dienten explizit der „rationellen Entwicklung“ des Fleischsektors“, so Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BN. Nachdem der Metzgerschlachthof in Fürth 1990 ohne staatliche Förderung als reine Eigenleistung der beteiligten Metzger und Landwirte gebaut wurde, wurde 1993 dann kurzfristig – auch auf den öffentlichen Druck des BN hin, endlich ein Investitionsförderprogramm des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums aufgelegt. „Leider nur für kurze Zeit“, so Weiger, „die damals schon erhobene Forderung, den Fürther Schlachthof zum Modell für Bayern zu machen, wurde nicht umgesetzt, das Gegenteil davon ist heute Realität.“ Zwischen 1969 und 1994 sank die Zahl kommunaler Schlachthöfe von 86 auf 40 Betriebe in Bayern, inzwischen gibt es nicht einmal mehr zehn Schlachthöfe mit kommunaler Beteiligung.
15.08.2020
Von: FebL/PM

Stellten ihre Vorschläge zur Förderung regionaler Schlachthofstrukturen gemeinsam vor (von links): Konrad Ammon, Innungsmeister in Fürth und Geschäftsführer des Metzgerschlachthofs in Fürth-Burgfarnbach, BN-Landesvorsitzender Richard Mergner, Reinhard Scheuerlein, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Fürth-Stadt, BN-Ehrenvorsitzender Hubert Weiger, BN-Landwirtschaftsreferentin Marion Ruppaner. Foto: BN