Das Bundeskabinett beschließt Arbeitsschutzkontrollgesetz

Das Bundeskabinett hat dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz zugestimmt. Unter anderem ist vorgesehen, dass bereits ab dem 1. Januar 2021 im Bereich des Kerngeschäfts der Fleischwirtschaft, der Schlachtung, der Zerlegung und der Fleischverarbeitung, kein Fremdpersonal mehr eingesetzt werden darf. Ausgenommen von dem Verbot sind Unternehmen des Fleischerhandwerks mit bis zu 49 Beschäftigten, hier sah der Entwurf vorher 29 Beschäftigte vor. Kritik am Gesetzentwurf kommt unter anderem vom Bauernverband und der Fleischwirtschaft. Anlässlich des Kabinettsbeschlusses erklärt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Dass die Arbeitsbedingungen und die Unterkünfte der Arbeiter in der Fleischindustrie oft unterirdisch sind, war in den letzten Wochen unübersehbar - und nicht länger hinnehmbar. 16-Stunden-Tage und beengtes Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften akzeptieren wir nicht länger. Gezielte Kontrolle und klare Verhältnisse sind das Gebot der Stunde. Deshalb werden wir den Missbrauch von Werkverträgen beenden, mehr Kontrollen und höhere Bußgelder einführen, Arbeitszeit elektronisch erfassen lassen und auch branchenübergreifend Standards für die Unterkünfte festlegen. Wir sorgen so dafür, dass die Arbeitgeber wieder unmittelbare Verantwortung für ihre Leute haben - und sich nicht hinter Sub-Konstruktionen wegducken können. Wir schützen die Beschäftigten und beenden die Verantwortungslosigkeit in Teilen der Fleischindustrie“. Im Detail sind folgende Maßnahmen im Gesetz vorgesehen:
1. Es wird verboten, Fremdpersonal im Kerngeschäft der Fleischindustrie einzusetzen. Der Schlachthofbetreiber ist für alle Arbeitnehmer in seinem Kerngeschäft zuständig. Dies gilt für Werkverträge ab dem 1. Januar 2021, für Leiharbeit ab dem 1. April 2021. Ausgenommen hiervon sind nur Unternehmen des Fleischerhandwerks mit bis zu 49 tätigen Personen.
2. Es werden für die Bundesländer einheitliche verbindliche Kontrollquoten gelten und es soll Schwerpunktkontrollen in Risikobranchen geben. Durchgeführt werden die Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden.
3. Für die Unterbringung der Beschäftigten gelten Mindeststandards, auch außerhalb des Betriebsgeländes.
4. Arbeitgeber werden verpflichtet, die zuständigen Behörden über Wohn- und Einsatzort aller Arbeitskräfte zu informieren. So werden effektivere Kontrollen möglich.
5. Um die Einhaltung der Mindestlohnvorschriften der Beschäftigten wirksam zu überprüfen, gilt eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in der Fleischindustrie.
6. Bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz drohen künftig höhere Bußgelder. Der entsprechende Rahmen wird von 15.000 Euro auf 30.000 Euro verdoppelt.
7. Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll ein Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gebildet werden, um u.a. Regeln und Erkenntnisse zu ermitteln, wie die rechtlichen Anforderungen erfüllt werden können. Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner begrüßt die Kabinettsentscheidung. „Mit dem Beschluss heute haben wir der unhaltbaren Praxis des Subunternehmertums in der Fleischwirtschaft einen Riegel vorgeschoben: klare Verantwortlichkeit statt Kaskaden von Schattenunternehmen. Gleichzeitig haben wir im Sinne kleinerer und mittlerer Unternehmen Korrekturen am ursprünglichen Entwurf erreicht. Für sie wird es Ausnahmen geben, damit es nicht eine noch größere Zentralisierung gibt. Damit stärken wir das regionale Fleischerhandwerk – das halte ich für wichtig und nötig. Denn Corona zeigt uns, wie wichtig die Stärkung von Lieferketten, Regionalität und Dezentralität ist. Zum Beispiel durch ein Mehr an kleineren Schlachthöfen in der Fläche und somit kürzeren Transportwegen. Gut und richtig ist zudem, dass auch die zuständigen Arbeitsschutzbehörden der Länder durch eine Mindestbesichtigungsquote stärker in die Pflicht genommen werden.“ WLV: Grundsätzliches Verbot von Werkverträgen nicht zielführend
Bereits vor dem Kabinettsbeschluss hat der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) den Gesetzentwurf als „mit heißer Nadel gestrickt“ kritisiert. Seine Auswirkungen auf Landwirtschaft und Schlachtbranche seien nicht ausreichend geprüft und eine ganze Branche stehe auf dem Spiel. Ein grundsätzliches Verbot von Werkverträgen hält der WLV für nicht zielführend. Gleichwohl unterstütze er das Vorhaben der Politik, Auswüchse bei der Ausgestaltung von Werkverträgen zu beenden. Sollte der Gesetzentwurf Gesetz werden, fürchtet der WLV die Schließung von Schlachthöfen und die Verlagerung der Schlachtungen – und auch der zugehörigen Viehhaltung - in andere Länder. Deutliche Kritik am Gesetzentwurf kommt auch aus der Fleischwirtschaft und auch aus den Reihen der Unions-Parlamentarier. Der Verband der Fleischwirtschaft hält sich eine Klage gegen die im Gesetzentwurf geplanten Eingriffe ins Gesellschaftsrecht der Unternehmen offen.