Ökoverbände zum MFR: So wird das nichts mit dem Green Deal

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und Bioland üben deutliche Kritik an den Beschlüssen der europäischen Staats- und Regierungschefinnen und -chefs zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR 2021-2027) und dem Agrarbudget. „Europa investiert auch in den nächsten sieben Jahren einen großen Teil seines Budgets in die Landwirtschaft. Dieses Geld bestimmt maßgeblich mit, wie gewirtschaftet wird. Mit der wichtigen Einigung auf den Haushalt, kommt auch die Verantwortung. Europa muss dafür sorgen, dass die Agrarmilliarden die Bäuerinnen und Bauern unterstützen, die Klima und Gewässer schützen, Artenvielfalt stärken und für Leben in den Dörfern sorgen“, erklärt BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig. Im Moment zementiere der Budgetvorschlag die aktuelle Agrarpolitik, die von vielen Seiten zurecht kritisiert wird. „Denn weiter vorgesehen ist vor allem Flächenbesitz zu belohnen, ganz so wie es heute ist. Das verschärft viele Probleme. So wird das nichts mit dem Green Deal“, so Röhrig. Die Messlatte habe Europa mit der Farm to Fork-Strategie aufgelegt: 25 % Ökolandbau, 50 % Pestizidreduktion, bessere Tierhaltung, weniger Stickstoff in Luft und Gewässern müssten nun mit einer ambitionierten Agrarpolitik auf den Weg gebracht werden. „Deutschland und vor allem auch das EU-Parlament müssen sich dafür einsetzen, dass insbesondere der Klima- und Umweltschutz bei den Haushaltsplanungen und in der neuen EU-Agrarpolitik für alle Staaten verbindlich werden. Mindestens 70 % der Agrargelder sollten dafür in freiwillige Gemeinwohlleistungen der Bäuerinnen und Bauern investiert werden“, so der BÖLW-Geschäftsführer. Für Jan Plagge, Präsident von Bioland, haben mit den Rats-Beschlüssen die ambitionierten Ziele der Farm-to-Fork und Biodiversitätsstrategie einen „Dämpfer“ erhalten. „Zwar steigt das Grundbudget für den Agrarbereich leicht, die aktuelle Planung zur Verwendung des Agrarbudgets verfehlt jedoch die Zielmarken der beiden Strategien. 25 Prozent Ökolandbau bis 2030, Pestizidreduzierung um 50 Prozent, mehr Tierwohl und Stickstoffreduktion werden mit einer aufgestockten ersten Säule, also Direktzahlungen für Flächenbesitz, kaum erreicht. Dieser Vorschlag ist enttäuschend. Wir müssen unsere Agrarpolitik so gestalten, dass wir die wirtschaftliche Existenz unserer Bäuerinnen und Bauern, mit Umwelt-, Klimaschutz und ethischem Verhalten verbinden, statt sie nach Hektar Fläche zu subventionieren. Die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission hat den Weg dahin bereits gezeichnet. Die Gelder müssen dafür aber zwingend effizient eingesetzt werden. Das bedeutet, dass 70 Prozent des GAP-Budgets diejenigen Bäuerinnen und Bauern honorieren muss, die sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und das Gemeinwohl einsetzen und somit auf die Ziele der beiden Strategien einzahlen. Ein Hoffnungsschimmer des aktuellen MFR-Vorschlags ist die neue Flexibilität des Mitteltransfers zwischen erster und zweiter Säule. Inwieweit die Nationalstaaten diesen Hebel nutzen werden, bleibt allerdings fraglich“, erklärt der Bioland-Präsident, der mit dem vorgelegten MFR „keineswegs zufrieden“ ist. „Bei den weiteren Entscheidungen im Rahmen der GAP-Reform erwarten wir von der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem EU-Rat, die beiden Strategiepapiere ernst zu nehmen und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Die neue GAP entscheidet, wie wir in den nächsten sieben Jahren wirtschaften. Wir haben nur noch 10 Jahre, um die Klimakrise mit dem 1,5°-Ziel in den Griff zu bekommen", unterstreicht Plagge den aktuellen Handlungsbedarf.
24.07.2020

BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig und Bioland-Präsident Jan Plagge. Fotos: BÖLW; Bioland