Bundesrat zum Kastenstand: Für Tierschützer Meilenstein und Erfolg für den Tierschutz

Als „Durchbruch“ bezeichnet die Tierschutzorganisation ProVieh den Beschluss des Bundesrats zum Ausstieg aus dem Kastenstand bei der Sauenhaltung und sieht darin „einen Meilenstein für den Tierschutz“. Von einem „Erfolg für den Tierschutz“ spricht der Tierschutzbund und sieht in dem beschlossenen verbindlichen Ziel der Gruppenhaltung den Beginn eines Systemwechsels. Beide Organisationen sehen aber noch deutlichen Verbesserungsbedarf. „Dass sich die Grünen beim Ausstieg aus dem Kastenstand im Deckbereich durchgesetzt haben, ist auf jeden Fall ein Meilenstein für den Tierschutz, auch wenn acht Jahre Übergangsfrist deutlich zu lange sind. Dennoch: In drei Jahren müssen die Umbaukonzepte vorliegen, also müssen die Landwirte schon bald den Ausstieg aus dieser tierquälerischen Haltungsform hin zur ausgestalteten Gruppenhaltung vorbereiten. Sollte der Bauantrag bis dahin nicht vorliegen, muss nach 5 Jahren der Betrieb eingestellt werden. Ein erster Schritt in Richtung käfigfreie Haltung ist nun endlich gemacht“, kommentiert Jasmin Zöllmer, Politische Leitung bei ProVieh. Ein großes Problem stelle allerdings noch der Kastenstand im Abferkelbereich dar. „Hier gibt es bislang keinen echten Ausstiegsplan aus dem sogenannten ‚Ferkelschutzkorb‘ und auch die Verkürzung der Fixierdauer von Muttersauen in diesem Käfig auf fünf Tage um den Geburtszeitraum soll erst nach 15 Jahren verpflichtend sein. Das darf nicht sein! Hier muss dringend nachgebessert werden – Kastenstände in Deck- und Abferkelbereich müssen zusammen gedacht werden und gehören gleichermaßen abgeschafft. Jegliche Fixierung von Sauen ist und bleibt tierschutz- und rechtswidrig „ so Zöllmer. Der Tierschutz ist nach Ansicht von ProVieh nun endlich kein Nischenthema mehr. Die Gesellschaft möchte keine Tierqualen mehr sehen. „Um den dringenden Umbau der Tierhaltung voranzubringen, benötigen wir unbedingt eine stärkere Finanzierung. Die vorgeschlagene Fleischabgabe der Borchert-Kommission stellt eine Möglichkeit dar, diesen Umbau zu finanzieren. Aber auch die Gelder der gemeinsamen Agrarpolitik müssen endlich zielgerichtet eingesetzt werden“, erklärt die ProVieh-Vertreterin. Ähnlich äußert sich am Tag der Bundesratsentscheidung auch der Präsident des Tierschutzbundes, Thomas Schröder: „Dass mit der heutigen Entscheidung die Gruppenhaltung von Sauen im Deckbereich verbindlich wird, ist ein Erfolg für den Tierschutz, der vor wenigen Wochen noch in weiter Ferne schien – und eine Niederlage für die Bundesministerin. Natürlich sind acht Jahre Übergangsfrist zu lang und die nur in Teilen geplante Umsetzung des „Magdeburger Urteils“, weil im Übergang noch Enge bleibt, ist zu kritisieren. Bei dem Gefeilsche um die Sau konnte aber das Schlimmste, die Umsetzung der Klöckner`schen Pläne, verhindert werden“. Für Schröder ist die Kastenstandfrage eine Systemfrage und die dulde keinen weiteren Aufschub. „Mit dem verbindlichen Ziel der Gruppenhaltung beginnt ein Systemwechsel, der nicht bei der Sau stehenbleiben darf. Entscheidend ist jetzt, dass weitere Fragen, wie etwa die nach dem Abferkelbereich, nicht auf die lange Bank geschoben werden. Allerdings drängt sich zunehmend die Frage auf, ob eine Ministerin, die auch Tierschutzministerin ist, aber gleichzeitig einen tierschutzwidrigen Umstand wie den Kastenstand so vehement verteidigt hat, die Zuständigkeit für den Tierschutz behalten sollte. Das muss die Bundeskanzlerin im Kabinett klären“, ergänzt Schröder. Ebenfalls Klärung erhofft sich der Deutsche Tierschutzbund von der Normenkontrollklage des Landes Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht, die unabhängig von der heutigen Entscheidung Bestand haben muss. Der Berliner Senat hält weite Teile der rechtlichen Anforderungen an die Schweinehaltung in Deutschland für verfassungswidrig. Die Klage unterstützt der Deutsche Tierschutzbund. Gemeinsam mit zehn weiteren Tierschutzorganisationen haben ProVieh und der Tierschutzbund einen Vorschlag erarbeitet, wie Kastenstände für Sauen in Deutschland innerhalb weniger Jahre komplett abgeschafft werden können. Unter dem Titel »Sauenhaltung in Deutschland – Handlungsmöglichkeiten aus Sicht des Tierschutzes« zeigen die die Organisationen „Schritte für einen sofortigen Umbau des Systems Kastenstand auf, hin zu einer für die Sauen weniger leidvollen Gruppenhaltung“.