Umwelt- und Tierschützer fordern konsequente Umsetzung

Die von der EU-Kommission vorgestellten Strategien „Vom Hof auf den Tisch“ und die Biodiversitätsstrategie“ werden von Umwelt- und Tierschützern begrüßt und es wird deren konsequente Umsetzung gefordert. "Die EU macht hier mit guten Konzepten und Strategien auf sich aufmerksam. Jetzt braucht es konkrete Schritte, die zu mehr Natur- und Umweltschutz führen", erklärt Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation beim BUND. „Trotz der vielen rückwärtsgewandten Lobbybemühungen“ verpflichte sich die EU-Kommission mit den Strategien zu einem ambitionierten Vorhaben für die nächsten zehn Jahre. Dabei sei es unverzichtbar, dass die europäischen Strategien nun mit Leben gefüllt und mit Finanzmitteln im Rahmen der laufenden EU-Haushaltsverhandlungen unterlegt werden. Gleichzeitig müssen nach Ansicht des BUND Praktiken, die soziale und ökologische Probleme hervorbringen, dringend überprüft werden. Dazu gehören für den BUND die Verteilung der fast 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen pro Jahr sowie umwelt- und klimaschädliche Subventionen in der EU-Regionalpolitik. Auch das Fehlen konkreter Vorschläge zum Umbau der Nutztierhaltung und zur Reduzierung der damit verbundenen Treibhausgasemissionen in der EU kritisiert der Umweltverband und fordert Nachbesserungen. "Die Treiber des Verlustes an Arten, Lebensräumen und genetischer Vielfalt wurden in der heute vorgelegten Strategie nur unzureichend adressiert. In vielen Bereichen fehlen konkrete Ziele und Maßnahmen jenseits des klassischen Naturschutzes", so von Broock. BUND: „Farm-to-Fork“ führt zu grundsätzlichem Änderungsbedarf Die Ziele der "Farm-to-Fork"-Strategie führen laut von Broock zu einem grundsätzlichen Änderungsbedarf: "Die jetzige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) passt nicht zu den Zielen der 'Farm-to-Fork'-Strategie. Der Verordnungsentwurf zur Reform der EU-Agrarpolitik aus dem Jahr 2018 wird den Herausforderungen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität sowie den Anforderungen beim Erhalt der Bauernhöfe nicht gerecht. Er ist weder mit dem European Green Deal noch mit der 'Farm-to-Fork'- oder der Biodiversitätsstrategie in Einklang zu bringen. Dieser Verordnungsentwurf muss daher konsequenterweise zurückgezogen werden“, so von Broock. In der Biodiversitätsstrategie sieht der BUND einen wichtigen Meilenstein, sie bleibe aber in vielen Punkten noch unkonkret und müsse in den kommenden Jahren vor allem durch die Mitgliedstaaten mit Leben gefüllt werden. „Ein blinder Fleck der EU-Kommission scheint trotz des erklärten Willens zur Transformation in der Landwirtschaft aber die Gentechnik zu bleiben“, kritisiert von Broock. "Auch neue Gentechnik muss weiter gekennzeichnet, risikogeprüft und rückverfolgt werden. Wahlfreiheit für Bäuerinnen und Bauern, für Lebensmittelunternehmen, den Handel und Verbraucherinnen und Verbraucher muss gesichert bleiben. Es darf deshalb bei neuer Gentechnik auch in Zukunft keine Aufweichung des geltenden Rechtsrahmens geben. Innovationen für die Pestizidreduktion und für mehr Nachhaltigkeit in Landwirtschaft und Ernährung sind unverzichtbar. Die Förderung und Deregulierung von Gentechnik geht aber in die falsche Richtung und stützt stattdessen ein 'Weiter so' der Industrie", erklärt von Broock NABU: Ein Weg aus dem drohenden Kollaps Für den Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat die EU-Kommission mit den jetzt vorgelegten Strategien die richtigen Lehren aus der Corona-Krise gezogen und will bei der Artenkrise zügig und ambitioniert gegensteuern. Die beiden EU-Strategien zeigen nach Ansicht des NABU einen Weg aus dem drohenden Kollaps der Artenvielfalt und müssten nun rasch umgesetzt werden. „Die heute von der EU-Kommission vorgestellte Biodiversitätsstrategie und die 'From Farm to Fork'-Agrarstrategie sind wichtige Bausteine hin zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft. Die EU-Kommission zeigt damit, dass sie die richtigen Lehren aus der Corona-Krise gezogen und erkannt hat, dass wir in der Krise der Biodiversität nun zügig und ambitioniert entgegensteuern müssen. Wir begrüßen, dass die Biodiversitätsstrategie die für den Natur- und Klimaschutz dringende Renaturierung von Mooren, Grünlandflächen, naturnahen Wäldern und Meeresgebieten verbindlich macht. Aus Sicht des NABU sollten auf mindestens 15 Prozent der Landes- oder Seefläche die bestehenden Schäden an Natur und Landschaft durch Renaturierungen geheilt werden. Weiterhin will die EU dafür sorgen, dass Schutzgebiete von den Mitgliedstaaten wirksamer geschützt werden“, erklärt. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger und verweist darauf, dass in die Biodiversitätsstrategie „auch unsere NABU-Forderung nach 'Space for Nature' aufgenommen worden sei.: Auf zehn Prozent des heute bewirtschafteten Agrarlandes solle wieder Platz für Hecken, Blühflächen und andere Lebensräume für Insekten und Vögel geschaffen werden. Beide Strategien zeigen nach Ansicht des NABU am Beispiel der Pestizidreduktion, dass wir den Umbau des Ernährungs- und Landnutzungssystems dringend brauchen, um den drohenden Kollaps von Artenvielfalt und Ökosystemen zu verhindern.
Jetzt dürfe es aber nicht bei Worten bleiben, jetzt seien vor allem die EU-Mitgliedstaaten am Zug. „Wir fordern von der Bundesregierung, zügig mit der wirksamen Umsetzung beider Strategien in Deutschland zu beginnen. Deutschland muss Agrarmittel umschichten, eine eigene Renaturierungsstrategie entwickeln und die bislang vernachlässigten Schutzgebiete endlich besser finanzieren“, fordert Kaiser. WWF: Potential für bemerkenswerte Fortschritte Auch der WWF begrüßt die beiden Strategien und sieht darin „das Potenzial für bemerkenswerte Fortschritte hinsichtlich eines verbindlicheren Schutzes der biologischen Vielfalt beinhalten, auch bei der landwirtschaftlichen Produktion“. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland kommentiert: „Mit dem Green Deal versprach Ursula von der Leyen einen ‚Man on the Moon Moment‘, jetzt legt sie nach: Die Strategien sind ein Aufbruch in eine vielversprechende Zeit. Allerdings müssen die Strategien nun auch durchgesetzt werden und dürfen nicht vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten verwässert werden. Wir können uns nicht noch einmal leisten, in 10 Jahren wieder bedauernd festzustellen, dass die Ziele nicht erreicht wurden. Im erwarteten EU Konjunkturprogram müssen sich die beiden Strategien als Rahmenbedingungen widerspiegeln!“ Die „Farm to Fork“-Strategie verspricht für den WWF eine Trendwende in der Agrarpolitik. „Es bietet sich nun die Chance, in der Agrarpolitik endlich umzusteuern: mehr Arten-, Tier- und Klimaschutz in der Landwirtschaft, mehr Transparenz für den Verbraucher, fairere Bedingungen für Landwirte. Der neue, ganzheitliche Ansatz vom Hof bis auf den Teller ist zu begrüßen. Der Lackmustest für die Durchschlagskraft der „Farm to Fork“-Strategie wird die laufende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Statt wie bisher nach Betriebsgröße zu subventionieren, müssen in Zukunft Umweltleistungen honoriert werden“, erklärt Heinrich. Tierschutzbund: Alle Aspekte bei GAP berücksichtigen Und auch der Deutsche Tierschutzbund begrüßt die von der EU-Kommission vorgestellte „Farm-to-Fork-Strategie“, da sie wichtige Tierschutzaspekte enthalte. Von besonderer Relevanz ist aus Sicht der Tierschützer dabei die von der Kommission angekündigte, längst überfällige Überarbeitung der EU-Tierschutztransportverordnung, um ein höheres Tierschutzniveau sicherzustellen. „Die Missstände und Grausamkeiten bei Tiertransporten sind seit langem bekannt. Genauso lange kämpfen wir für dafür, dass die Vorschriften überarbeitet werden. Jahr für Jahr wurden wir vertröstet. Nun zeichnet sich endlich ein Erfolg ab. Spätestens mit der heute veröffentlichten Strategie der EU-Kommission muss klar sein: Die Revision muss kommen“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Wichtig sei nun, dass alle Vorhaben der Strategie bei der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik berücksichtigt werden.