Erste Sonderflüge mit Saisonarbeitskräften starten am Infektionsschutz vorbei

Nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sich darauf verständigt hatten, 80.000 ausländische Saisonarbeiter unter „strengen Voraussetzungen (insbesondere unter Berücksichtigung der RKI Empfehlungen zur Minimierung des Infektionsrisikos)“nach Deutschland fliegen zu lassen, sind am Donnerstag der vergangenen Woche die ersten Flugzeuge mit Saisonarbeitskräften aus Rumänien in Deutschland gelandet. „Im April und im Mai wird jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeitern die Einreise ermöglicht. Diese werden auf Basis der Rückmeldung des Berufsstandes und der nachweisbaren strikten Hygienestandards ausgewählt“, heißt es in einer Mitteilung des Landwirtschaftsministeriums (BMEL). „Die ausländischen Saisonarbeiter sollen ausschließlich mit dem Flugzeug ein- und ausreisen (keine stundenlangen Busreisen durch Europa aus Infektionsschutzgründen)“, so das BMEL, dessen Ziel es ist, „die derzeit notwendigen strengen Vorgaben des Infektionsschutzes mit den Erfordernissen in der Landwirtschaft in Einklang zu bringen“. Mit „Infektionsschutz“ hatten die Bilder von den Verhältnissen vor dem Abflugder ersten Maschinen in Rumänien dann aber ganz und gar nichts zu tun. Schon dicht gedrängt in Bussen in Rumänien zum Flughafen angereist und auch dort ohne jeglichen Mindestabstand zueinander warteten die Saisonarbeitskräfte stundenlang auf ihren Abflug. Der Nachrichtensender Euronews sprach angesichts der Verhältnisse von einem „Skandal“. Die rumänische Staatsanwaltschaft leitete laut Euronews Ermittlungen wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen das Seuchengesetz ein und Ministerpräsident Orban erklärte, die für dieses Desaster Verantwortlichen seien zu bestrafen. Vor dem Hintergrund dieser ersten Sonderflüge erklärte der Sprecher für Agrarpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, Friedrich Ostendorff: „Die Umsetzung der ersten Sonderflüge für Saisonarbeitskräfte ist skandalös und in jeder Hinsicht unverantwortlich. Die chaotischen Zustände am Flughafen Cluj in Rumänien für rund 2000 dichtgedrängt, wartende Erntehelfer und die Anreise in voll besetzten Flugzeugen ohne Sicherheitsabstände, entsprechen in keiner Weise den hohen Erwartungen an den gesundheitlichen Schutz in Zeiten der Corona-Pandemie. Weder für die Erntehelfer, noch für das Kabinenpersonal, die alle zusammen den Verhältnissen schutzlos ausgesetzt sind“. Auch der Gesundheitscheck bei der Ankunft in Deutschland, der aus Temperaturmessung und einem Fragenbogen besteht, bietet für Ostendorff „keinerlei Sicherheit, sondern gaukelt diese nur vor“. Es mache den Eindruck, dass für billigen Spargel alle gesundheitlichen Bedenken und ernsthafte Vorsorgemaßnahmen beiseitegeschoben werden. „Es ist erstaunlich, dass dies auch Flieger mit Erntehelfern am Flughafen Nürnberg betrifft, da der bayerische Ministerpräsident Söder sonst größtmögliche Strenge im Hinblick auf Sicherheit und Schutz verspricht“, so Ostendorff, für den die Seehofer Klöckner versprochenen "strengen Auflagen" im Hinblick auf den Gesundheitsschutz für die Einreise der Saisonarbeitskräfte, zum jetzigen Zeitpunkt keiner Überprüfung standhalten. „Dieser Start lässt erhebliche Zweifel aufkommen, wie die Umsetzung der verpflichtenden Hygienemaßnahmen und die Kontrolle auf den Betrieben weitergehen sollen. Es gilt zu verhindern, dass uns der Wunsch nach billigen Spargel am Ende teuer zu stehen kommt. Klöckners Spargelstecher-Luftbrücke muss angesichts dieser Verhältnisse sofort ausgesetzt werden. Diese Verantwortung sind wir den gerufenen Erntehelfern und der Bevölkerung schuldig“, so Ostendorff abschließend.