Umweltschutzverbände: Weitergehende Lösungen jenseits des Düngerechts erforderlich

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt die Zustimmung des Bundesrates zur Änderung der Düngeverordnung. "Eine Absetzung von der Tagesordnung wäre inakzeptabel gewesen und hätte zu erheblichen Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro am Tag führen können. Seit über 25 Jahren hält Deutschland die EU-Vorgaben zum Gewässerschutz nicht ein. Darum muss endlich gehandelt und unser Grundwasser geschützt werden", so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. Die Verordnung heute zu beschließen sowie das Wasserhaushaltsgesetz in erster Lesung zu behandeln und dafür im Gegenzug einige konkrete Details der Verordnung erst zum Januar 2021 einzuführen, bezeichnet der BUND als ein annehmbares Zugeständnis an die in der Corona-Krise ohnehin stark belasteten Betriebe. "Die Corona-Krise wird vorbeigehen, doch der Schutz unserer Umwelt und damit auch unseres Grundwassers wird auch danach noch gesellschaftlich bedeutsam sein", so Bandt. Die Bundesländer sind nach Ansicht des BUND jetzt aufgerufen, ihren Beitrag zur Umsetzung der Verordnung und zum Schutz unseres Grundwassers zu leisten. Das betrifft laut BUND sowohl eine wissenschaftlich begründbare Ausweisung so genannter roter Gebiete, in welchen eine besonders hohe Nitratbelastung vorhanden ist oder weiter hinzukommt, als auch die systematische Weiterentwicklung und Verbesserung des Messstellennetzes. Der BUND fordert, sich auch beim Gewässerschutz am Verursacherprinzip zu orientieren. Die versprochene Bauernmilliarde der Bundesregierung sollte daher vor allem in Beratung und verbesserte Ausbringungstechnik auf den Höfen und nicht in den Aufbau weiterer Güllelager gesteckt werden. Seit vielen Jahren weist der BUND auf die unzureichende Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie durch das deutsche Düngerecht hin. Auch der heute beschlossene Verordnungsentwurf wird das Problem im Grundsatz nicht dauerhaft lösen können. Dafür braucht es nach Ansicht des BUND strukturelle Lösungen jenseits des Düngerechts. Zum Beispiel muss die Zahl der Tiere an die Fläche gebunden werden. Die Nutztierhaltung und auch der Ackerbau sind so umzubauen, dass sie den gesellschaftlichen Erwartungen an Tierwohl, Klima- und Umweltschutz entsprechen. Darum ruft der BUND die Politik dazu auf, sich intensiv mit den sehr guten Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung auseinanderzusetzen, anstatt diese weiter zu ignorieren. "Der Umbau – auch im Ackerbau – muss nun endlich zum Wohle der Tiere, der Umwelt und auch der Bäuerinnen und Bauern begonnen werden", so der BUND-Vorsitzende. NABU: Über zukunftsfähige Tierhaltung reden
An die Wurzeln des Problems der Überdüngung will der NABU heran. „Hoffentlich ist dieses Kapitel einer jahrzehntelangen Hängepartie nun endlich beendet. Wenn auch noch unzureichend aus Umweltsicht. Bund und Länder springen mit den Verschärfungen gerade so weit, dass die millionenschweren Strafzahlungen an Brüssel abgewendet werden“, erklärt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger nach der Bundesratsentscheidung. Was sie jedoch verpassen, ist die Chance, das Problem der Überdüngung an der Wurzel zu packen: Die in Teilen Deutschlands zu intensive Tierhaltung muss verringert werden. Entscheidend ist, die Zahl der gehaltenen Schweine, Hühner und anderer Tiere pro Hektar klar zu begrenzen, mit zusätzlichen Obergrenzen für jeden Landkreis. Zusätzlich muss eine Hoftor-Bilanz für jeden Betrieb kommen, die klar macht, wie viele Nährstoffe in einen Betrieb hineingehen und wie viele ihn verlassen – ohne Bilanzierungs-Tricks“, so der NABU-Präsident. Jetzt müsse den Diskurs geführt werden, „wie eine zukunftsfähige Tierhaltung in Deutschland aussehen muss – mit fairen, ehrlichen Lösungen nach dem Verursacherprinzip sowie Planungssicherheit für alle Landwirte. Das Ende der Nitrat-Krise, die unser Grundwasser gefährdet und schwere Schäden in der Pflanzen- und Tierwelt hinterlässt, ist seit zwei Jahrzehnten überfällig.“ DNR: Beschlossene Maßnahmen reichen nicht
Und auch der Blick des Deutschen Naturschutzrings (DNR), dem Dachverband der Deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen geht über den Beschluss des Bundesrates hinaus. „Mit der Verabschiedung durch den Bundesrat hat ein peinliches Lehrstück einer lobbyorientierten Politik ein vorläufiges Ende. Die Mehrheit der Länder ist doch noch ihrer Verantwortung nachgekommen. Dennoch gilt: Für einen wirksamen Gewässerschutz bleibt viel zu tun. Mit den beschlossenen Änderungen ist es vielleicht gelungen, eine erneute Verurteilung Deutschlands und Strafzahlungen in Milliardenhöhe vorerst abzuwenden. Wir bezweifeln weiterhin, dass die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, um die Nitrat-Überschüsse in der Landwirtschaft wirksam und verursachergerecht zu reduzieren“, erklärt Florian Schöne, politischer Geschäftsführer des DNR. Dieses Ziel sei in der unsachlichen Debatte vollkommen aus dem Blick geraten. „Wir erwarten von allen Akteuren in Landwirtschaft und Politik, dass in dem weiteren Prozess - auch bei der Neuausweisung der sogenannten Roten Gebiete - weitere Störfeuer unterbleiben und die heutigen Beschlüsse konsequent und konstruktiv umgesetzt werden“, so Schöne abschließend.