AbL: Düngeverordnung verursachergerecht weiterentwickeln, kontraproduktive Regelungen korrigieren

Auch nach der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) zur Novellierung der Düngeverordnung in der letzten Woche in Berlin bleiben die Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern bestehen. Während der Bund mit Blick auf die EU-Kommission keinen Verhandlungsspielraum bei der Umsetzung mehr sieht, sehen Länderministerien noch Änderungsbedarf und -möglichkeiten. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat anlässlich der Sonder-AMK Bund und Länder aufgefordert, das Düngerecht in Deutschland verursachergerecht weiterzuentwickeln. Die AbL sieht zwar dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung des Gewässerschutzes vor Einträgen insbesondere auch aus landwirtschaftlichen Quellen an vielen Stellen. Aber sie fordert nach wie vor ein verursachergerechtes Vorgehen. Dem werde auch der nun vorliegende Entwurf der Düngeverordnung nicht gerecht. "Welche Düngeregeln ein Betrieb einhalten muss, hängt davon ab, ob der Betrieb innerhalb oder außerhalb ‚roter‘, belasteter Gebiete wirtschaftet, und nicht etwa von seiner individuellen Nährstoffversorgung", heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der AbL. "Besonders in den roten Gebieten werden alle Betriebe in ‚Mithaftung‘ genommen, während in den ‚grünen Gebieten‘ Risikobetriebe wie solche mit gewerblicher Tierhaltung (d.h. mit zu geringer Flächenausstattung) nicht gesondert angesteuert werden. Einen verursachergerechten Ansatz durchzusetzen bleibt daher politische Aufgabe – sowohl für die Weiterentwicklung des Düngerechts als auch für den notwendigen Umbau weiter Teile der Tierhaltung", schreibt die AbL. In dem vorliegenden Entwurf sind aus Sicht der AbL zudem einige Regelungen enthalten, die kontraproduktiv wirken können. Das gelte u.a. für die ersatzlose Streichung der Möglichkeit, organische Dünger auf oberflächlich gefrorenen Böden aufzubringen, die tagsüber auftauen und aufnahmefähig sind. Auch bei den Vorgaben zur Ausbringungstechnik fordert die AbL Bund und Länder dazu auf, wirkungsgleiche Maßnahmen zur Behandlung von Gülle anzuerkennen. Nachbesserungen fordert auch die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. So solle der Bund vor einer Entscheidung im Bundesrat sicherstellen, dass im Hinblick auf die roten Gebiete das Verursacherprinzip verbindlich verankert wird. Und nach Ansicht der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaele Kaniber müssen Veränderungen an der Düngeverordnung noch dort möglich sein, „wo es wissenschaftlich begründet und fachlich gerechtfertigt ist“. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, kritisiert laut Agra Europe (AgE) eine „Vogel-Strauß-Politik“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums, das über Jahre das Nitratproblem ignoriert und die notwendige Überarbeitung der Düngeverordnung ausgesessen habe. Die Verursacher für zu hohe Nitrateinträge in den Intensivtierhaltungsregionen und den Konzentrationsgebieten mit flächenunabhängiger Tierhaltung müssten jetzt endlich in die Verantwortung genommen werden. Stattdessen würden mit der vorliegenden Verordnung jedoch zu viele gute Betriebe, die extensiv und nachhaltig wirtschafteten, etwa durch Einschränkungen bei der Flächenbewirtschaftung mit Festmist, in die Mithaftung genommen. Erforderlich seien eine Flächenbindung der Tierhaltung, eine artgerechte Tierhaltung und eine Ökologisierung aller Anbausysteme. Trotz der Defizite warnte Ostendorff vor einem Scheitern der Novelle im Bundesrat. Laut AgE würde man seiner Auffassung nach damit den ohnehin verunsicherten Bäuerinnen und Bauern und ihrem Anspruch auf Klarheit und Verlässlichkeit einen Bärendienst erweisen.