EU-Sondergipfel: Umstrittene Kürzungen im Agrarhaushalt bleiben auf der Tagesordnung

Der EU Sondergipfel zum zukünftigen EU-Finanzrahmen, den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021 bis 2027, ist mit Verweis auf zu große Differenzen zwischen den Vorstellungen der Mitgliedstaaten ohne Ergebnis beendet worden. Ein im Vorfeld des Gipfels vorgelegter Vorschlag des EU-Ratspräsidenten Charles Michel sah neben anderem für den Agrarhaushalt eine Kürzung von derzeit 382,5 Milliarden Euro (ohne Großbritannien) auf 329,3 Milliarden Euro vor, was insbesondere deutliche Kritik aus Frankreich auslöste, während aus Kreisen der deutschen Verhandlungsdelegation laut Medienberichten eher Zustimmung signalisiert wurde. Gegen die geplanten Kürzungen im EU-Agrarhaushalt protestierten zu Beginn des Sondergipfels auch Mitglieder der wallonischen Bauerngewerkschaft (FWA) und der Föderation Junge Landwirte (FJA) und legten mit ihrem Protest das EU-Viertel in Brüssel teilweise lahm. Mit den Kürzungsvorschlägen werde (nicht nur) jungen Landwirtsfamilien die Existenzgrundlage entzogen. Kritik an den Kürzungsvorschlägen kam im Vorfeld des Gipfels auch von Germanwatch. „Die Kommission schlägt bisher im Widerspruch zum European Green Deal vor, ausgerechnet die für Ökolandbau, Naturschutz, Pestizidreduktion und für die Belebung abgehängter ländlicher Regionen vorgesehenen Fördergelder um bis zu 45 Prozent zu kürzen. Auch die Verteilung der verbleibenden EU-Direktzahlungen für die Landwirtschaft steht im Konflikt zum European Green Deal. Es darf nicht passieren, dass pauschal 40 Prozent davon einfach als Klimaschutz umetikettiert werden, obwohl auch für extrem klimaschädliche Praktiken wie zum Beispiel pestizidintensiven Maisanbau in Moorgebieten Geld fließt“, schreibt Germanwatch. „Wer dafür stimmt, zentralen grünen Agrarprogrammen wie dem Ökolandbau, dem Natur- und Tierschutz und somit auch dem Abbau des Einsatzes von Antibiotika insbesondere in der industriellen Tierhaltung die EU-Förderung zu kappen, braucht den Menschen nicht zu erzählen, das diene Klimaschutz und der Umsetzung des European Green Deal. Die Bundesregierung muss sich beim EU-Gipfel für eine intelligente und klimaverträgliche Umverteilung der EU-Gelder einsetzen", erklärt Reinhild Benning, Agrarexpertin bei Germanwatch: Nicht zuletzt muss Deutschland nach Ansicht von Germanwatch seiner Verantwortung für den Green Deal gerecht werden. Der deutsche Beitrag zum EU-Haushalt sei der erste große Lackmustest für die Ernsthaftigkeit bei der Unterstützung des European Green Deal durch die Bundesregierung. „Für eine wirksame Klimapolitik braucht die EU ein ordentliches Budget“, so Audrey Mathieu, Teamleiterin für Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch. „Deshalb sollte die Bundesregierung zumindest maßgeblich dazu beitragen, dass die durch den Brexit gerissene Lücke geschlossen wird. Die Politik kann durch Geld oder Gesetze eine Steuerungswirkung entfalten. Sollte es beim deutlich gesunkenen EU-Haushaltsvolumen bleiben, verlöre der European Green Deal - den Frau von der Leyen als ein Projekt in der Größenordnung der Mondlandung vorgestellt hat - an Ernsthaftigkeit." Im übrigen würden neben Polen voraussichtlich auch Regionen in Deutschland massiv von den EU-Mitteln zum Strukturwandel profitieren.
24.02.2020
Von: FebL

Protest in Brüssel gegen die geplanten Kürzungen im Agrarhaushalt. Foto: FWA