Am 18. Januar für gemeinsame Lösungen!

Als ich Anfang Oktober damit begann, die Planungen für die Treckerkolonne zur Demo „Wir haben Agrarindustrie satt!“ am 18. Januar 2020 voranzutreiben, fuhren parallel tausende Berufskollegen mit ihren Traktoren durch die Republik. Ihre Demos vermittelten mir den Eindruck, dass sie Veränderungen in der Landwirtschaft ablehnten. Mehr Umwelt- und Tierschutz, Fehlanzeige! Ich war verunsichert. Schließlich war es immer mein Anspruch, mit unserer Januardemo möglichst die ganze Breite des Berufsstandes zu erreichen. Viele Kolleginnen und Kollegen riefen mich an und teilten meine Sorge: „Macht es wirklich noch Sinn, zur Grünen Woche wieder auf den Trecker zu steigen und nach Berlin zu fahren?“ Ich suchte gezielt den Kontakt zu Bäuerinnen und Bauern, die bei „Land schafft Verbindung“ mitfuhren. Auch wenn es in der Außenwahrnehmung noch heute so scheint, als stünden die großen Treckerdemos der letzten Wochen für die Verteidigung des Status quo, so ist meine Wahrnehmung aus vielen Einzelgesprächen doch eine andere. Viele Kolleginnen und Kollegen sind bereit zu Veränderungen. Mehr noch: Ihnen ist klar, dass Veränderungen kommen. Sie akzeptieren es jedoch nicht, dass die Daumenschrauben im Ordnungsrecht weiter angezogen werden und sie alleine auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Das verstehe ich. Der Ansatz der AbL war immer, dass die Milliarden an Agrarfördergeldern so verteilt werden, dass die ganze Breite der landwirtschaftlichen Betriebe von ihnen profitiert und dadurch Veränderungen für die Betriebe möglich werden. Das aktuell vorgeschlagene Agrarpaket bildet diesen Anspruch nicht ab. Vielmehr versucht es, die Fehlentwicklungen, welche die aktuelle Agrarpolitik verursacht, ordnungsrechtlich punktuell wieder einzufangen. Sehr viel sinnvoller wäre es, das Übel direkt an der Wurzel zu packen und endlich eine mutige Reform der europäischen und der bundesdeutschen Agrarpolitik einzuleiten. Eine Reform, deren Ziel es sein muss, für uns Bäuerinnen und Bauern Anreize zu schaffen, mehr für Umwelt- und Klimaschutz und für den Umbau der Tierhaltung zu tun. Ja, ich würde mir wünschen, „Land schafft Verbindung“ würde ein konstruktives Bild unseres Berufsstandes in der Öffentlichkeit zeichnen. Auch ihre Bündnispartner sind nicht die meinen. Und Trotzdem, beide Bewegungen machen doch eines gleichermaßen deutlich: In der Agrarpolitik läuft etwas gehörig schief. Worauf es in meinen Augen jetzt ankommt, ist, dass der aktuelle Druck der Straße sich an die politisch Verantwortlichen richtet und zu konkreten, positiven Veränderungen für alle führt. Fatal wäre es, wenn es sich die nächsten Monate vor allem darum drehen würde, die Widersprüche zwischen „Land schafft Verbindung“ und „Wir haben es satt“ herauszuarbeiten. Dem Deutschen Bauernverband (DBV) und Julia Klöckner käme dies sehr gelegen. Der DBV könnte so darüber hinwegtäuschen, dass er dem Berufsstand durch seine jahrzehntelange Blockadehaltung die aktuelle Misere erst eingehandelt hat. Und Julia Klöckner? Sie würde sich gekonnt als Moderatorin zwischen den Fronten profilieren und so übergehen, dass sie es ist, die das Heft des Handelns eigentlich in der Hand hat und bisher konzeptionell nicht ausfüllt. Um dies zu vermeiden und um ein Zeichen der Kooperation und des Miteinanders zu setzen, hat der Trägerkreis von „Wir haben es satt!“ auch Vertreter von „Land schafft Verbindung“ auf unsere Demo eingeladen. Als wir 2011 das erste Mal unter dem Motto „Bauernhöfe statt Agrarindustrie!“ zur Grünen Woche auf die Straße gingen, war es unser Ziel, Agrarpolitik zu Gesellschaftspolitik zu machen. Dies ist uns gelungen. Heute, neun Jahre später, sind wir mitten in der Diskussion um die Zukunft der Landwirtschaft und Ernährung angekommen – so wollten wir es, damit daraus etwas Zukunftsfähiges für alle Beteiligten entwickelt wird. Lasst uns diese konkrete Diskussion nach vorne nun führen, respektvoll, mit Offenheit und vor allem anhand von Inhalten. Und lasst uns auch weiterhin den Druck der Straße aufrechterhalten. Auch und vor allem mit unseren Treckern auf der Demonstration „Wir haben Agrarindustrie satt!“ am 18. Januar in Berlin. Dort stehen wir Bäuerinnen und Bauern, wo wir hingehören: selbstbewusst in der Mitte der Gesellschaft und bereit, gemeinsame Lösungen für die Zukunft bäuerlicher Betriebe und den Natur- und Tierschutz durchzusetzen. Dazu lade ich alle Berufskolleginnen und Kollegen ein!
23.12.2019
Von: Phillip Brändle, Mitglied des AbL-Bundesvorstands

Phillip Brändle, Mitglied des AbL-Bundesvorstands