EKD fordert neue Wertschätzung für Nutztiere

Eine neue Wertschätzung für Nutztiere und die aus ihnen gewonnenen Lebensmittel sowie eine deutliche Verringerung des durchschnittlichen Fleischkonsums fordert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in ihrer jüngsten Veröffentlichung. Der EKD-Text 133 „Nutztier und Mitgeschöpf! Tierwohl, Ernährungsethik und Nachhaltigkeit aus evangelischer Sicht“ von der Kammer für nachhaltige Entwicklung beschäftigt sich zudem mit der theologischen Frage, was die christliche Tradition zum Verhältnis von Mensch und Tier sagt. Der Umgang der Gesellschaft mit Nutztieren und die Auswirkungen auf die Umwelt sowie die globale Entwicklung steht dabei im Fokus. „Zur Verbesserung der Situation der Nutztierhaltung in Deutschland ist eine politisch nachhaltige Gesamtstrategie nötig. Jeder Teilverantwortliche entlang der gesamten Produktionskette der Nutztiere und der Konsumkette tierischer Produkte ist in die Verantwortung zu nehmen“, sagt Uwe Schneidewind, Vorsitzender der EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung und Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH. In dem Text werden aktuelle Fragen der Nutztierhaltung, der Tiertransporte, der Tierschlachtung sowie der Ernährungsethik eingehend behandelt. Ziel des Papiers ist es, einen Diskurs mit allen beteiligten gesellschaftlichen Akteuren wie der Politik, der Landwirtschaft, dem Lebensmittelhandel und dem Verbraucher zu eröffnen und sie in ihrer besonderen Verantwortung für das Tierwohl zu bestärken. Hinter den aktuellen brisanten und kontroversen Debatten zum Thema Tierwohl stehen nach Ansicht der EKD komplexe Zusammenhänge und Interessenskonflikte aus den Bereichen Landwirtschaft, Nutztierethik, Ökologie, Entwicklungspolitik, Ernährungskultur und Nachhaltigkeit. Die EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung analysiert diese Bereiche und beleuchtet das Mensch-Tier-Verhältnis aus biblisch-theologischer Sicht sowie aus fachwissenschaftlicher landwirtschaftlicher, ernährungsethischer, entwicklungspolitischer und nachhaltigkeitsbezogener Perspektive. Die Autorinnen und Autoren machen dabei deutlich, dass aus ethischen, ökologischen und entwicklungspolitischen Gründen im Blick auf gegenwärtige Trends in Ernährung, Landwirtschaft und Viehwirtschaft ein Umdenken einsetzen muss. Gleichzeitig wird in dem Impulspapier die Auffassung vertreten, dass zum Paradigmenwechsel hin zu schöpfungsverträglichen, gesunden und nachhaltigen Formen von Ernährung und Landwirtschaft alle gesellschaftlichen Gruppen etwas beitragen müssen. Als Kernforderungen nennt das Papier unter anderem:
- eine umfassende Strategie zur Verbesserung der Situation der Nutztierhaltung in Deutschland,
- die Einhaltung von Tierschutzstandards und eine Verbesserung der Kontrolle und Verringerung der Vollzugsdefizite,
- die Beendigung von Lebendtiertransporten in das außereuropäische Ausland,
- eine umweltpolitische und entwicklungspolitische Revision der EU-Handelspolitik,
- die Verankerung von Tierwohlzielen und Tierwohlmaßnahmen bei der Neuausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP),
- die Verstärkung der Tierwohlmaßnahmen innerhalb der nationalen Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) und in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Darüber hinaus  sollen Anreize gesetzt werden, um den hohen Verzehr von Billigfleisch zu reduzieren. Da es in den Bereichen Nutztierzucht, -haltung und -verarbeitung, bei der Fleischvermarktung sowie im Eier- und Milchsektor "zunehmende vertikale und horizontale Marktkonzentrationstendenzen ebenso im gesamten Lebensmitteleinzelhandel" gebe, bedarf es nach Ansicht der EKD geeigneter Maßnahmen zur Stärkung der Wertschöpfungsketten der Nutztierhalter einschließlich dezentraler Verarbeitungseinrichtungen wie Schlachtereien und Molkereien. Außerdem sollte der zunehmenden Marktkonzentration im landwirtschaftlichen Vorleistungssektor sowie im Lebensmitteleinzelhandel effektiv kartellrechtlich entgegengewirkt werden. Und die Bundesregierung wird aufgefordert, zügig ein fachlich ambitioniertes, gesetzlich verpflichtendes und für den Verbraucher transparentes Güte-Siegel für Fleisch und sonstige tierische Produkte zu schaffen.