Mercosur-Abkommen als Brandbeschleuniger für den Amazonas

Der Bund für Umwelt und Narurschutz Deutschland (BUND) fordert die Bundesregierung anlässlich der anhaltenden Waldbrände im Amazonasgebiet und ihrer Zurückhaltung dazu beim G7-Gipfel auf, das Assoziationsabkommen mit den Mercosur-Staaten zu stoppen. "Das Mercosur-Abkommen wirkt als Brandbeschleuniger für das Amazonas-Gebiet. Das Handelsabkommen zielt hauptsächlich darauf ab, brasilianische Soja- und Rindfleischexporte weiter anzukurbeln, die schon heute die Tropenwälder zerstören und deren Ausweitung die letzten Wälder in den Mercosur-Staaten bedroht. Die Bundesregierung muss sich deshalb deutlich gegen das Mercosur-Abkommen positionieren anstatt Krokodilstränen zu vergießen. Frankreich und Irland haben das Mercosur-Abkommen angesichts der Waldbrände und der Reaktionen der Regierung Bolsonaros bereits in Frage gestellt“, kommentiert Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Bundesvorsitzender des BUND. „Unser Haus steht in Flammen, die Heimat von Tausenden von Menschen wird zerstört, die Klimakrise und das Artensterben schreiten weltweit in atemberaubendem Tempo voran. Es ist skandalös, dass die Europäische Union in diesen Zeiten weiterhin klima- und biodiversitätsschädliche Handelsabkommen wie Mercosur mit Regierungen abschließen will, die Menschenrechte mit Füßen treten“, so Stolper. Aktuell sei es in Brasilien der „rechtsradikale Präsident Bolsonaro“, der mit seiner Politik „die gewaltsame und illegale Landnahme“ fördere statt diese zu bestrafen und so die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes weiter voran treibt. „Wenn Bolsonaro nun trotz seines Handelns mit dem Abschluss eines neuen Handelsabkommens belohnt wird, wird er es geradezu als Ermutigung empfinden, seinen zerstörerischen Kurs fortzusetzen. Deshalb ist es unverständlich, wenn die Bundeskanzlerin sich jetzt einerseits um die Waldbrände am Amazonas-Regenwald sorgt und andererseits an dem Mercosur-Abkommen festhält“, erklärt Stolper. Für den BUND-Vertreter ist das Nachhaltigkeitskapitel des Mercosur-Abkommens „zahnlos und kann daher keine Wirkung für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten entfalten“. Zuletzt gab es Forderungen, das Abkommen nachzuverhandeln. Zwar wäre nach Ansicht des BUND ein Nachhaltigkeitskapitel mit ergänzten Sanktionsmöglichkeiten von Verstößen gegen Umweltschutz und Menschenrechte grundsätzlich sinnvoll. Dies würde jedoch nichts an der zugrundeliegenden Logik des Abkommens ändern: Das Ziel wäre weiterhin, eine Ausweitung des Handels mit Produkten um jeden Preis voranzutreiben, die zur Regenwaldzerstörung beitragen. Nach Frankreich und Irland hat auch Luxemburg mit einem Veto gegen die Ratifizierung des Mercosur-Vertrags gedroht. Da Klima- und Umweltschutz Bolsonaro offensichtlich völlig egal seien, sei eine Hauptbedingung für den Vertrag nicht mehr erfüllt. Die Aktivitäten Brasiliens und die vermeintlichen Hilfen der G7-Staaten gegen die verheerenden Brände in den brasilianischen Amazonas-Wäldern sind nach Ansicht des agrarpolitischen Sprechers der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, „reine Kosmetik“, die „weder die Feuer löschen noch die Gründe für dieses Umweltdesaster antasten“. Europa müsse sich endlich klar machen, dass diese Feuer in diesem Ausmaß ein Teil der Politik Bolsonaros sind. „Das Freihandelsabkommen Mercosur bestätigt sich jetzt als ein Treiber dieser wütenden Brände“, so Häusling. Brasilien schaffe Platz für Weideflächen und Sojaplantagen – denn Europa soll beliefert werden mit dem Fleisch von 600.000 Rindern sowie unzähligen Hühnern. Das brauche Platz. Hinzukommen die 300.000 Tonnen Agrartreibstoffe, die in die EU zusätzlich fließen sollen und zusätzlich klimaschädlich sind.
„Gleichzeitig muss sich Europa darüber klar sein, welche zusätzlichen Umwelt- und Gesundheitsschäden die Art der Produktion dort bewirkt. In den vergangenen drei Jahren wurden dort mehr als 1200 Pestizide zugelassen, von denen mindestens 193 Produkte Wirkstoffe enthalten, die bei uns verboten sind. Das belastet Menschen und Umwelt gleichermaßen“, erklärt Häusling, für den die von der EU-Kommission behaupteten gleichen Umweltstandards dies- und jenseits des Atlantiks nicht bestehen. „Die Gifte aber werden nicht nur mit dem Flugzeug in Brasilien auch über Menschen versprüht, sie kommen demnächst per Frachter auch in Deutschland an. Deshalb verlange ich erneut: Die Fleisch- und Agrospritimporte müssen aufgehalten, und das Mercosur-Abkommen muss gestoppt werden“, fordert der grüne EU-Abgeordnete abschließend.
29.08.2019

Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Bundesvorsitzender des BUND. Foto: BUND