Klimakabinett: Klöckner legt Zehn-Punkte-Plan zum Klimaschutz vor

Unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist heute zum ersten Mal das Klimakabinett zusammengetreten. Zum Klimakabinett gehören neben Merkel Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bauminister Horst Seehofer (CSU). Sie alle müssen laut Schulze jetzt konkrete Vorschläge vorlegen. Das Umweltministerium prüfe dann, ob diese ausreichen, um die Klimaziele noch zu erreichen. Ende Mai auf der nächsten Sitzung will sich das Klimakabinett einen Überblick über alle Bereiche verschaffen. „Die Einsetzung des Klimakabinetts ist richtig und wichtig. Das Thema Klimaschutz müssen wir ressortübergreifend angehen, vor allem mit Blick auf die kommenden Generationen. Wichtig ist auch, die umwelt-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Implikationen zusammenzudenken.“, erklärt die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner und fährt fort: Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft haben hier wirksame Klimaschutzschlüssel: die Böden und den Wald. Bodenschutz ist aktiver Klimaschutz. In ihm ist zweimal mehr Kohlenstoff als in der Luft gespeichert. Und gäbe es den Wald nicht, hätten wir mit 14 Prozent mehr CO2-Ausstoß in Deutschland zu kämpfen. Erfolgreich sind wir auch mit unserem Programm zur Steigerung der Energieeffizient in Landwirtschaft und Gartenbau: 353 Gigawattstunden werden dadurch pro Jahr eingespart. Das entspricht dem Stromverbrauch von 75.000 Vier-Personen-Haushalten. Kurzum, die Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft wird also ihren Beitrag leisten. Sie ist Opfer, Beteiligter aber auch Lösungsbringer beim Klimawandel. Deshalb habe ich bereits einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt.“ Die zehn Maßnahmen im Einzelnen: 1. Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Fläche
Rechtsvorschriften zugunsten besonders umweltfreundlicher Verfahren wie dem ökologischen Landbau oder anderer besonders nachhaltiger Verfahren der Landbewirtschaftung werden weiterentwickelt, die rechtliche und finanzielle Förderung wird verstärkt (0,4 – 1,2 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). 2. Erhöhung der Energieeffizienz
Das Bundesprogramm für Energieeffizienz in der Landwirtschaft und im Gartenbau wird fortgeführt und weiterentwickelt (ca. 1,1 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). 3. Erhalt und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und Holzverwendung
An erster Stelle steht die Anpassung der Wälder in Bezug auf Klimaanpassung und Klimaschutz im Rahmen einer nachhaltigen Bewirtschaftung. Daneben gilt es die nachhaltige und ressourceneffiziente Holzverwendung zu fördern und auch international eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und einen entsprechenden Waldschutz sicherzustellen (70 – 127 Mio. t CO2-Äq Minderungs- bzw. Speicherpotenzial). 4. Senkung der Stickstoffüberschüsse und -emissionen einschließlich Minderung der Ammoniakemissionen und gezielte Verminderung von Lachgasemissionen.
Unter anderem sollen gasdichte Lagereinrichtungen für Gülle und emissionsmindernde Ausbringtechnik gefördert werden (2,2 – 3,5 Mio. t CO2-Äq jährliches Minderungspotenzial). 5. Energetische Nutzung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft und landwirtschaftlicher Reststoffe in Biogasanlagen
Der stärkere Einsatz von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen soll mit neuen Instrumenten gefördert werden (2,0 – 4,0 Mio. t CO2-Äq jährliches Minderungspotenzial). 6. Emissionsminderung in der Tierhaltung
Fördermaßnahmen sollen an die Großvieheinheitengrenze geknüpft werden. Ergänzend zur Nutztierhaltungsstrategie wird eine Gesamtstrategie auf Basis der geltenden BVT-Standards (beste Verfügbare Technik) entwickelt und umgesetzt. 7. Vermeidung von Lebensmittelabfällen
Ende Februar haben wir unsere Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorgelegt. Laut WBAE 2016 lassen sich mit der vollständigen Reduzierung von Lebensmittelabfällen maximal 6 Prozent der gesamten ernährungsbedingten Emissionen vermeiden (3,0 – 6,0 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). 8. Humusaufbau im Ackerland
Auf der Grundlage der Bodenzustandserhebung 2018 wird die Kohlenstoffanreicherung, u.a. durch Fruchtfolgegestaltungen, gefördert und die Ackerbaustrategie Klimaziele beinhalten (bis 4,0 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). 9. Erhalt von Dauergrünland
Regelungen zum Grünlanderhalt im Rahmen der GAP 2020 werden fortgeführt und eine Grünlandstrategie mit einer Klimabewertung entwickelt (1,0 – 2,0 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). 10. Schutz von Moorböden und Reduzierung der Torfverwendung in Kultursubstraten
Eine Bund-Ländervereinbarung sowie eine Moorschutzstrategie wird erarbeitet; die klimafreundliche Nutzung von wiedervernässten Moorböden wird gefördert und eine Strategie zur Verringerung des Torfeinsatzes wird erarbeitet und umgesetzt (bis 1,0 Mio. t CO2-Äq Minderungspotenzial). Aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) muss die Ministerriege unter Leitung der Bundeskanzlerin schnell Ergebnisse liefern und konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele beschließen und umsetzen. "Die Klimapolitik in Deutschland ist ein Trauerspiel", kritisiert Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND die bisherige Politik der schwarz-roten Regierung. "Während schon klar ist, dass Milliarden in die Braunkohleregionen fließen, haben die Ausstiegsverhandlungen mit den Kohlekonzernen kaum begonnen. Dem Wegbrechen der Windindustrie sieht die Bundesregierung tatenlos zu und auf EU-Ebene behindert sie die nötige Anhebung der Klimaziele." Weiger weiter: "Die Bundeskanzlerin und ihr Klima-Kabinett haben die Aufgabe, jetzt, und zwar jetzt, wirksamen Klimaschutz auf den Weg zu bringen." Aus Sicht des BUND dürfen die wichtigen klimapolitischen Vorhaben, die auf dem Tisch liegen, nicht länger zerredet werden. "Es geht um ein effektives Klimaschutz-Gesetz, um starke Maßnahmen in allen Sektoren, insbesondere im Verkehr und bei Gebäuden. Das Kohleausstiegsgesetz muss ab 2020 mit zusätzlichen Stilllegungen bei der Steinkohle und mindestens drei Gigawatt Braunkohle im Rheinland starten", so der BUND-Vorsitzende. Die Revisionszeitpunkte spätestens ab 2023 müssen laut Weiger genutzt werden, um den Ausstieg schneller möglich zu machen. Auch deshalb brauche es deutlich mehr Zubau von Erneuerbaren Energien gepaart mit einer besseren Einbindung von Bürgern und Kommunen. Mit dem Klima-Kabinett besteht in den Augen des BUND die Chance, dass endlich Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen auf Regierungsebene kommt. "Wenn das Klima-Kabinett eine Wirkung haben kann, dann auch notorische Klimaschutz-Verweigerer wie Verkehrsminister Scheuer in die Verantwortung zu zwingen. Die Maßnahmen, die der Bundesverkehrsminister bereits für den Verkehrssektor angekündigt hat, sind bei weitem nicht dazu geeignet, effektiven Klimaschutz zu leisten. Das Ministerium setzt in seinem ersten Vorschlag auf ineffiziente und umweltschädliche Agro- und synthetische Kraftstoffe. Bislang gaukelt der Minister Klimaschutz vor, ohne dringend notwendige Verbesserungen im deutschen Mobilitätssektor möglich zu machen."
10.04.2019

Aus Anlass des ersten Treffens des Klimakabinetts twitterte die Bundeslandwirtschaftsministerin dieses Foto von ihr im Gespräch mit der Bundesumweltministerin. Foto: Bundesregierung/Guido Bergmann