Neue Düngeregeln nehmen alle Bauern in Mithaftung

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat gestern der EU-Kommission einen nach eigenen Angaben mit dem Bundesumweltministerium abgestimmten Maßnahmenkatalog mit Änderungen der deutschen Düngeverordnung vorgeschlagen, um damit teure Strafzahlungen aus einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren zu verhindern. Auf scharfe Kritik stoßen das Vorgehen des BMEL und die nicht mit den Betroffenen abgestimmten Inhalte bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Sie fordert einen differenzierten Ansatz und da anzusetzen, wo die Probleme entstehen. „Zum einen nagt das Vorgehen des BMEL an unserem Vertrauen. Die Probleme zu hoher Nährstofffrachten in einigen Betrieben und Regionen sind lange bekannt. Bekannt war auch, dass die EU-Kommission mehr forderte als mit der Düngeverordnung 2017 umgesetzt wurde. Jetzt werden über Nacht Entscheidungen getroffen, ohne dass wir als betroffene Bauern eine Möglichkeit der Beteiligung und öffentlichen Stellungnahme hatten. Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt“, kommentiert der AbL-Vorsitzende Martin Schulz. Auch die Inhalte der Änderungen kritisiert die AbL. „Die wenigen uns vorliegenden Informationen lassen befürchten, dass nun noch mehr als bisher schon alle bäuerlichen Betriebe in bürokratische Mithaftung genommen werden. Offenbar sollen in Zukunft nun alle Betriebe einzelflächenspezifische Nährstoffbilanzen für jedes einzelne Feld erstellen, auch wenn die Betriebe gar nicht zu den Risikobetrieben zählen. Wir haben den Eindruck, dass die Bundesregierung sich nicht traut, bei den eigentlichen Ursachen zu hoher Nährstofffrachten anzusetzen“, so Schulz. Die AbL fordert Bundesministerin Julia Klöckner und die Ministerkollegen der Länder auf, den notwendigen Umbau der Tierhaltung hin zu tierwohlgerechten Ställen mit einer fachlich fundierten Strategie zur Reduzierung von örtlichen Gülleüberschüssen zu verbinden. „Die Betriebe brauchen dringend eine mit handfesten Maßnahmen und ausreichenden finanziellen Mitteln unterlegte Nutztierstrategie, die wirtschaftliche Perspektiven für die tierhaltenden Betriebe schafft und das mit den Erfordernissen von Tierschutz und Umweltschutz verbindet. Es darf nicht noch eine verlorene Legislaturperiode geben“, so Schulz, der einen NEULAND-Schweinemastbetrieb im Wendland führt. „Ich weiß um die damit verbundenen Erschwernisse für unsere landwirtschaftlichen Betriebe. Auch Dänemark, Frankreich und die Niederlande unterliegen den strengen Auflagen der Europäischen Kommission und stehen vor vergleichbaren Herausforderungen wie Deutschland. Wir werden unsere Landwirte bei der Umsetzung begleiten und unterstützen", erklärt die Ministerin heute in einer Pressemitteilung. Zum Hintergrund des Maßnahmenkatalogs heißt es in der BMEL-Pressemitteilung:
Mitte Oktober 2013 hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie eingeleitet und im Juli 2014 eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt. Deutschland hatte im September 2014 fristgerecht zu den Kritikpunkten der Europäischen Kommission Stellung genommen. Im April 2016 hat die EU-Kommission beschlossen, Klage beim Europäischen Gerichtshof einzureichen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache C-543/16) stammt vom 21. Juni 2018. Die Klage bezog sich auf die alte, nicht auf die in 2017 überarbeitete Düngeverordnung. Die Düngeverordnung aus 2017 hatte viele der kritisierten Punkte bereits aufgenommen. Jedoch ging die Novellierung aus 2017, die bereits deutliche Verschärfungen zahlreicher Vorschriften zum Gewässerschutz beinhaltet und damit deutliche Anpassungen bei den landwirtschaftlichen Betrieben einfordert, der Europäischen Kommission nicht in allen Punkten weit genug. An Kritikpunkten übrig geblieben sind der Nährstoffvergleich mit dem – aus der Sicht der Europäischen Kommission – zu hohen zulässigen Kontrollwert von 60 kg Stickstoff pro Hektar und die zu geringe Stringenz der Maßnahmen in den mit Nitrat belasteten Gebieten. Der Nährstoffvergleich und der zulässige Kontrollwert sollen daher gestrichen und durch eine Aufzeichnungspflicht der tatsächlichen Düngung ersetzt werden. Der errechnete Düngebedarf darf mit den Düngungsmaßnahmen nicht überschritten werden.
Für die mit Nitrat belasteten Gebiete – für die so genannten roten Gebiete – wurden der Europäischen Kommission zusätzliche Maßnahmen vorgeschlagen:
 -Verbot der Herbstdüngung im Spätsommer bei Winterraps, Wintergerste und Zwischenfrüchten ohne Futternutzung.
- Der für jede Kultur nach strengen Vorgaben errechnete Düngebedarf wird pauschal um 20 % abgesenkt.
- Die bisher nur im Betriebsdurchschnitt geltende Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar für Gülle und andere Wirtschaftsdünger muss zukünftig schlagbezogen berechnet werden, d.h. für jedes Feld gilt dann die Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar.
- Wenn eine Sommerkultur, wie z.B. Mais oder Zuckerrüben, angebaut wird, die erst im Frühjahr ausgesät wird, muss im Herbst davor verpflichtend eine Zwischenfrucht angebaut werden, damit der Boden über Winter mit einer Pflanzendecke bedeckt ist.
01.02.2019
Von: FebL/PM

Der AbL-Bundesvorsitzende übt scharfe Kritik am Bundeslandwirtschaftsministerium bei den Änderungsvorschlägen zur Düngeverordnung. Foto: Bauernstimme