Schluss mit Krisen, Crashs und Katastrophen

Der Vorstand des European Milk Board (EMB) hat auf seiner diesjährigen Pressekonferenz zur Grünen Woche seine Vorschläge zur EU-Agrarpolitik und zur Lösung der Milchmarktkrisen vorgestellt. Vor zehn Jahren – 2009 – gingen die Bilder von französischen und belgischen Milchbauern, die mehrere Millionen Liter Milch auf den Feldern ausbrachten, um die Welt. Der Unmut und die große Sorge der Milcherzeuger über die ruinösen Milchpreise und die Untätigkeit der EU-Politik brachten die Erzeuger auf die Barrikaden. Heute – zehn Jahre später – fehlt es dem Milchmarkt nach wie vor an effizienten Mechanismen, um den Sektor krisensicher zu machen. Für das EMB ist ein funktionierendes Kriseninstrument unerlässlich, um den Milchsektor auf ein gesundes Fundament zu stellen. Der Vorstand des europäischen Dachverbandes der Milcherzeuger plädiert mit dem „Marktverantwortungsprogramm“ (MVP) für ein Instrument, das krasse Milchpreiseinbrüche abfedert und so Krisen präventiv entgegentritt. Seit dem Krisenjahr 2009 schlittern Europas Milcherzeuger nach Ansicht des EMB von einer Krise zur nächsten. Die Jahre 2012 und 2016 waren durch niedrige Erzeugerpreise und große Verluste für die Milchproduzenten gekennzeichnet. „Die Endlosschleife im Krisenmodus zwang in den vergangenen Jahren einen ganzen Berufsstand in die Knie“, so das EMB. Zwar habe die EU-Kommission im Krisenjahr 2016 mit dem temporären freiwilligen Lieferverzicht eine langjährige Forderung des EMB umgesetzt, was die Milchpreise dann wieder etwas steigen ließ und gezeigt habe, wie erfolgreiches Krisenmanagement aussehen kann. Es fehle aber nach wie vor ein reguläres Kriseninstrument, das chronische Krisen vorhersehen und vermeiden kann. Vorschläge für einen krisenfesten Milchmarkt kommen aktuell auch aus dem EU-Parlament, wo zahlreiche Europaabgeordnete Steuerungsinstrumente bis hin zur verpflichtenden Reduktion bei Übermengen fordern. Auch der Ausschuss der Regionen (AdR) – eine beratende Einrichtung der EU – postuliert Forderungen für einen ausgeglichenen Milchmarkt (u.a. Gesetzesartikel zur Mengenreduktion bei einem Marktungleichgewicht, Verbesserung der Milchmarktbeobachtungsstelle MMO). Diese Maßnahmen müssen nach Ansicht des EMB nun endlich in der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik umgesetzt werden. Für Erwin Schöpges, Präsident des EMB und aktiver Milcherzeuger in Ostbelgien, kündigt sich das Jahr mit Milchpreisen unter 30 Cent pro kg Milch bereits mehr als unsicher an. „Für das neue Jahr wünschen wir uns kostendeckende Preise und ein faires Einkommen – nicht mehr und nicht weniger“, fasst Schöpges seine Anliegen an die EU-Politik zusammen. Die ständigen Krisen schrecke vor allem auch Junglandwirte ab, die Milchviehbetriebe zu übernehmen. „Wenn man hört, dass nur noch 5 Prozent der Erzeuger in der EU jünger als 35 Jahre sind, zeichnet das ein düsteres Bild für die ländlichen Regionen und für die Gesellschaft“, so Schöpges weiter. In den Niederlanden, die stets als „kosteneffizient und konkurrenzfähig“ dargestellt werden, liege der Anteil sogar bei nur 1,5 Prozent. Dass die Produzenten stark unter Wert bezahlt werden, belegt die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL). Laut Boris Gondouin, französisches Mitglied des EMB-Vorstands, befinden sich die europäischen Milchbauern nach wie vor im Krisenmodus, der ihre Höfe langsam zur Strecke bringe. „Wir brauchen in normalen Zeiten angemessene Preise, um mit extremen Situationen besser umgehen zu können, seien es nun klimatische Ausnahmesituationen oder geopolitische Gegebenheiten“, unterstreicht Gondouin. Das European Milk Board möchte das Marktverantwortungsprogramm gesetzlich verankern, um der chronischen Kostenunterdeckung entgegenzuwirken. Dieses Programm beobachtet den Markt und reagiert bei Krisengefahr durch eine temporäre Anpassung der Produktion. „Wir Milcherzeuger sind in der Lage für den Markt Verantwortung zu übernehmen und können kurzfristig auf Marktsignale reagieren“, erklärt Stefan Mann, Milcherzeuger aus Deutschland und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM). Das Marktverantwortungsprogramm müsse jetzt installiert werden und die aktuelle Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik biete dafür eine Chance. Potenzielle Marktstörungen durch den Brexit oder das Mercosur-Abkommen bahnen sich bereits an.
18.01.2019
Von: FebL/PM

Das EMB auf der Pressekonferenz in Berlin (v.l.): EMB-Geschäftsführerin Silvia Däberitz, EMB-Präsident Erwin Schöpges, BDM-Vorsitzender Stefan Mann, EMB-Vorstandsmitglied Boris Gondouin, EMB-Dolmetscherin Astrid Sauvage. Foto: EMB