Aufruf zur „Wir haben es satt“-Demo nach Berlin

In 2019 entscheidet die Bundesregierung bei der EU-Agrarreform (GAP) maßgeblich mit, welche Landwirtschaft die EU Jahr für Jahr mit 60 Milliarden Euro unterstützt. Das schreibt der aus über 50 Organisationen bestehende zivilgesellschaftliche Zusammenschluss „Meine Landwirtschaft“ in seinem Aufruf zur „Wir haben es satt“-Demonstration am 19. Januar in Berlin. Seiner Ansicht nach sollen die EU-Agrargelder nur noch für umwelt- und klimaschonende Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung eingesetzt werden und kleine und mittlere Betriebe, die gute Lebensmittel erzeugen, mehr Unterstützung erhalten. Agrarministerin Julia Klöckner dürfe sich nicht länger vor den Karren der Agrarlobby spannen lassen. „Bei der EU-Agrarreform muss sie der Agrarindustrie endlich den Geldhahn zudrehen und eine Politik für Menschen, Tiere und Umwelt machen“, heißt es in dem Aufruf des Zusammenschlusses, der sich als Stimme der Bewegung versteht. Und um als Bewegung für Veränderungen in der Landwirtschaft und Agrarpolitik „authentisch“ zu sein, braucht es die Bauern und Bäuerinnen, schreibt Regine Holloh, stellvertretende Leitung der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe der Unabhängigen Bauernstimme. Für sie ist es wichtig, „dass vor allem die Bäuerinnen und Bauern das Bündnis „Meine Landwirtschaft“ als wertvollen Partner ansehen und sich auch auf der Straße für eine bäuerliche, ökologischere Landwirtschaft stark machen. Nicht zuletzt auch deswegen, weil es gerade in Zeiten des Erstarkens rechter Strömungen von besonderer Bedeutung ist, in Bündnissen wie dem unseren ein Zeichen des „Wir“ anstatt des „Ich“ zu setzen, auch international! Lasst uns keine Berührungsängste haben, sondern bereit sein für gemeinsame Veränderung: Kommt mit euren Traktoren am 19. Januar 2019 nach Berlin“, so Regine Holloh. In einem gemeinsam unterzeichneten Aufruf rufen Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), und Georg Janßen, AbL-Bundesgeschäftsführer, „alle Bürgerinnen und Bürger auf, für eine gute Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel auf die Straße zu gehen. Und wir rufen dazu auf, auch bei den anstehenden Europawahlen klar Gesicht zu zeigen gegen Extremismus, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenhass und Unterdrückung. Stadt und Land Hand in Hand, für ein demokratisches Miteinander“, denn „Europas Zukunft wird auch auf dem Land entschieden“. Der Aufruf des Bündnisses „Meine Landwirtschaft“ zur Demonstration am 19. Januar 2019 im Wortlaut:

Der Agrarindustrie den Geldhahn abdrehen!

Für eine bäuerlich-ökologischere Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung, für Klimagerechtigkeit und gutes Essen!

Gutes Essen, eine klimagerechte Landwirtschaft und der Erhalt der Bauernhöfe – das steht gerade auf dem Spiel. 2019 entscheidet die Bundesregierung bei der EU-Agrarreform (GAP) maßgeblich mit, welche Landwirtschaft die EU Jahr für Jahr mit 60 Milliarden Euro unterstützt. Aktuell gilt: Wer viel Land besitzt, bekommt viel Geld. Schluss mit den Steuermilliarden an die Agrarindustrie! Der Umbau zu einer bäuerlichen und ökologischeren Landwirtschaft kann nicht mehr warten.

Bei den Verhandlungen in Brüssel muss sich die Bundesregierung an die Seite der Bäuerinnen und Bauern stellen, die Tiere artgerecht halten, insektenfreundliche Landschaften schaffen und gutes Essen herstellen. Deswegen schlagen wir – die bunte, vielfältige und lautstarke Bewegung – mit unseren Töpfen Alarm für die Agrarwende!

Für eine klimagerechte Landwirtschaft und gutes Essen!

Das Dürrejahr 2018 hat gezeigt: So geht es nicht weiter! Wir reihen uns ein in die globale Bewegung für Klimagerechtigkeit und fordern konsequenten Klimaschutz. Denn wir brauchen noch mehr bäuerliche Betriebe, die regionale und saisonale Lebensmittel erzeugen und mit lebendigen Böden helfen, das Klima zu schützen. EU-Agrargelder nur noch für umwelt- und klimaschonende Landwirtschaft!

Für viele bäuerliche Betriebe …

Wir haben Respekt für die harte Arbeit, die Bäuerinnen und Bauern jeden Tag leisten. Doch die Politik lässt die Höfe im Stich. Über 100.000 Betriebe mussten bei uns in den letzten 10 Jahren dichtmachen. Gleichzeitig reißen sich außerlandwirtschaftliche Investor*innen mit EU-Subventionen immer mehr Land unter den Nagel. Die fatalen Folgen: Höfesterben und Monokulturen, Glyphosat und Artenschwund, Megaställe und Antibiotikaresistenzen. Stoppt die Subventionen an Agrarwüsten, Tierfabriken und Großgrundbesitz!

… und ein solidarisches Europa!

In vielen europäischen Schlachthöfen und Treibhausplantagen herrschen unwürdige Arbeitsbedingungen, damit Discounter und die Exportindustrie mit Dumpingpreisen immer größere Profite machen können. Im globalen Süden zwingt die EU vielen Staaten Freihandelsverträge auf und ruiniert mit Billigexporten dann Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern. Für uns ist klar: In einem solidarischen Europa sind gerechter Handel, Menschen- und Bauernrechte nicht verhandelbar!

Essen ist politisch!

Auf dem Land und in der Stadt zeigen wir gemeinsam, dass es anders und besser geht. Immer mehr Bäuerinnen und Bauern ackern ohne Glyphosat, halten ihre Tiere artgerecht und füttern gentechnikfrei. Immer mehr Menschen machen Foodsharing, sind Teil einer Solidarischen Landwirtschaft und entscheiden sich an der Ladentheke für gutes, handwerklich erzeugtes Essen aus der Region. Wir schauen über den Tellerrand und treten gemeinsam ein für die globale Agrar- und Ernährungswende und für ein Europa ohne Ausgrenzung und Rassismus!

Wir haben die unerträgliche Klientelpolitik satt!

Agrarministerin Julia Klöckner darf sich nicht länger vor den Karren der Agrarlobby spannen lassen. Bei der EU-Agrarreform muss sie der Agrarindustrie endlich den Geldhahn zudrehen und eine Politik für Menschen, Tiere und Umwelt machen!

Wir fordern: Schluss mit dem Gießkannen-Prinzip!

  • Subventionen nur noch für umwelt- und klimaschonende Landwirtschaft!
  • Öffentliche Gelder nur noch für artgerechte Tierhaltung!
  • Mehr Unterstützung für kleine und mittlere Betriebe, die gute Lebensmittel für uns alle erzeugen!

Sei dabei, wenn wir dafür mit Zehntausenden im politischen Berlin demonstrieren. Wenn sich bei der weltgrößten Agrarmesse „Grüne Woche“ und dem Agrarministergipfel alles um die Zukunft von Essen und Landwirtschaft dreht, fordern wir gemeinsam den Umbau der Landwirtschaft: Wir haben Agrarindustrie satt – Essen ist politisch!

06.01.2019
Von: FebL/PM

Aufruf zur "Wir haben es satt"-Demo am 19.01. in Berlin. Foto: Meine Landwirtschaft