Bäuerlicher Klimaappell an die Bundesregierung

Vor der bevorstehenden UN-Klimakonferenz in Katowice/Polen rufen die Arbeits­gemein­schaft bäuer­liche Landwirtschaft, Bioland, Demeter und Naturland mit dem „Bäuerlichen Klimaappell“ die Bundesregierung zur Einhaltung ihrer Klimaziele auf.

Sie erklären: „Der Klimawandel gefährdet zunehmend die Existenz landwirtschaft­li­cher Betrie­be hier bei uns und weltweit. Der verheerende Dürresommer 2018 muss eine Zeiten­wende in der Klimafrage einläuten. Die Bundesregierung muss ihre eige­nen Klimaziele zu 100% einhalten und eine CO2 Steuer einführen. Bäuerinnen und Bauern brauchen Klima­schutz. Durch umweltschonenden Ackerbau und artgerechte Tierhaltung nehmen wir unsere Verantwortung auf den Höfen für eine enkeltaugliche Zukunft wahr. Wir fordern die Bundes­regierung auf, entschlossen das 1,5-Grad-Ziel anzupacken – alles andere ist unverantwortlich.“

Alle vier Verbände rufen dazu auf, am 1. Dezember auf den Demonstrationen „Tempo machen beim Kohleausstieg“ in Köln und Berlin sowie auf der „Wir haben es satt“-Agrar-Demon­stra­tion am 19. Januar 2019 in Berlin auch für eine klimaschonende Landwirtschaft auf die Straße zu gehen und die Bundesregierung an das 1,5-Grad Ziel zu erinnern.

Nachfolgend der Bäuerliche Klimaappell im Wortlaut: Bauernverbände fordern Klimaschutz und Kohleausstieg – jetzt!

Im verheerenden Dürresommer 2018 erleben wir erneut die zerstörerischen Folgen des Klima­wan­dels. Tausende Höfe in Europa und Deutschland – und viele Millionen weltweit – sind davon betrof­fen. Die Fruchtbarkeit unserer Böden, die Existenz unserer Betriebe und unsere Wälder sind massiv durch die Klimakrise bedroht. Seit langem warnen Klimaforscher, doch die Politik handelt nicht. Die Auswirkungen des Klimawandels sind ökologisch, sozial und ökono­misch unverantwortbar. Es ist Zeit, eine Wende in der Klimapolitik einzuläuten.

Zeit zu handeln!

Wir fordern von der Politik: Die zugesagten deutschen Klimaziele müssen zu 100% um­ge­setzt und notfalls nachgeschärft werden, um das Klimaabkommen von Paris einzuhalten. Das heißt: Reduzieren der CO2-Emissionen mindestens um 40%  bis 2020 und um 55% bis 2030. Ein weiteres Aufschieben verschärft die Auswirkungen der Klimakrise und verteuert mögliche Gegenmaßnahmen extrem.

Daher fordern wir die Bundesregierung auf:

  • Eine CO2-Besteuerung als wirksamstes Mittel für den Klimaschutz kurzfristig auf den Weg zu bringen,

Die Politik darf vor den Profitinteressen von klimazerstörenden Konzernen (Kohle, Flug­ver­kehr, Autoindustrie, Agrarindustrie etc.) nicht einknicken. Politik hat die Aufgabe, die Wirt­schaft so zu regulieren, dass sie nicht zulasten des Klimas geht.

Auch die Land- und Lebensmittelwirtschaft muss klimaschonende Wege weiter beschreiten und ausbauen – im Ackerbau und in der Tierhaltung. Wir fordern von Bundesland­wirtschafts­ministerin Klöckner, auch hier deutliche Schritte einzuleiten:

  • Emissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren durch die Rückbesinnung auf eine flächengebundene Tierhaltung,
  • Förderung eines nachhaltigen Konsums und Stoppen der Lebensmittelverschwendung
  • Etablieren einer Stickstoffstrategie zur Reduzierung der Lachgasemissionen,
  • Förderung der CO2-Bindung durch Humusaufbau in den landwirtschaftlichen Böden,
  • Schutz, beziehungsweise nachhaltige wirtschaftliche Nutzung, von Mooren, Grünland und Wald sicher stellen,
  • Ausrichten der gesamten EU-Agrarzahlungen auf eine klimaschonende, umweltschonende und tiergerechte Landwirtschaft,
  • Ausweitung des Ökolandbaus als bewährtes und zertifiziertes Verfahren für eine umweltfreundliche Landwirtschaft,
  • Weitere Erforschung sowie Etablieren in der Praxis von besonders klimafreundlichen Verfahren wie Agroforstwirtschaft, reduzierte Bodenbearbeitung ohne Einsatz von Totalherbiziden, optimierte Fruchtfolgen und Nährstoffrecycling.

Wir Bäuerinnen und Bauern erklären uns solidarisch mit dem peruanischen Kleinbauern Saúl Luciano Lliuya, denn sein Fall ist ein warnendes Beispiel für die globale Gefährdung unserer Lebensgrund­lagen. Wir erklären uns auch solidarisch mit der Europäischen Klimaklage, bei der Bäuerinnen und Bauern aus europäischen und afrikanischen Ländern beim Europäischen Gerichtshof vom Rat der EU-Regie­rungen und vom Europäischen Parlament eine konsequente Klimapolitik einfordern. Wir sind solidarisch mit den Familien Backsen, Bohm und Lütke-Schwienhorst, die die Existenz ihrer Höfe durch den Klimawandel bedroht sehen und deshalb die Bundesregierung auf Einhaltung der Klimaziele verklagen. Zusammen mit der Zivilgesell­schaft werden wir der Klimazerstörung und der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen aktiv entgegentreten.

19.11.2018
Von: FebL/PM

Bäuerlicher Protest auf der Demonstration am Hambacher Forst Anfang Oktober. Fotos: FebL