Koalition einigt sich auf Gesetzentwurf für Übergangsfrist bei der Ferkelkastration

Die Regierungskoalition von Union und SPD in Berlin hat sich auf einen Gesetzentwurf verständigt, der eine Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration von zwei Jahren vorsieht. Für Grüne ein „Albtraum“ für die Tiere, für Foodwatch „einer modernen, aufgeklärten Demokratie unwürdig" und für den Tierschutzbund "Verrat an den Ferkeln und am Staatsziel Tierschutz“. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, sieht mit der Übergansgfrist die Voraussetzung geschaffen, um jetzt die Neuland-Methode zum Standard zu machen. Zum Gesetzentwurf erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Gitta Connemann: "Ohne ein Handeln des Gesetzgebers würden gerade die kleinen Höfe ab dem kommenden Jahr vor einem unlösbaren Problem stehen. Denn es gibt zur Zeit keine marktgängige oder praktikable Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration. Erforderliche Tierarzneimittel sind noch nicht zugelassen. Alternative Verfahren werden bislang von Handel und Verbraucher nicht akzeptiert. Ein Verbot ohne Alternative würde viele Sauenhalter zur Aufgabe zwingen. Die Folge wäre die Abwanderung der Ferkelerzeugung ins Ausland - mit zum Teil erheblich niedrigeren Tierschutzstandards. Den Preis dafür würden also auch Tierwohl und Verbraucher zahlen. Mit dieser Einigung wenden wir das ab und verhindern diesen Strukturbruch“, so Connemann. Die zweijährige Übergangsfrist müsse jetzt genutzt werden, um tierschutzgerechte Alternativen für die Praxis zu erarbeiten. „Wir erwarten, dass diese Aufgabe von allen Beteiligten mit Hochdruck angegangen wird. Insbesondere soll es dem geschulten Landwirt ermöglicht werden, Tierarzneimittel selbst anzuwenden. Bei der Umstellung auf alternative Verfahren und die damit verbundene Anschaffung der dafür notwenigen Geräte werden wir unsere landwirtschaftlichen Tierhalter in Deutschland finanziell unterstützen“, erklärt Connemann. Insbesondere die lokale Betäubung des Tieres durch den Landwirt selbst könne eine in der Praxis leicht umzusetzende Methode sein. „Diese wird bereits heute bei unseren europäischen Nachbarn erfolgreich angewendet. Denn bislang sind bei alternativen Verfahren wie der Betäubung mit dem Tierarzneimittel Isofluran Fragen des Anwenderschutzes noch nicht abschließend geklärt. Auch zur Beantwortung dieser offenen Fragen müssen die kommenden zwei Jahre genutzt werden“, sagt die Unionsabgeordnete. Der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch findet deutliche Worte, wenn es um die Verantwortung für die aktuelle Situation geht. "Wir haben aus der fatalen Situation, in die das Bundeslandwirtschaftsministerium und Funktionäre des Bauernverbandes viele Landwirte gebracht haben, das Möglichste gemacht: Durch die Fristverlängerung vermeiden wir massive Verwerfungen und schaffen gleichzeitig die Voraussetzungen, dass die Neuland-Methode Standard wird", so Miersch. Durch entsprechende Verpflichtungen werde es in der Übergangszeit notwendige arzneimittelrechtliche Zulassungen für Narkosemittel und die Konzeption entsprechender Schulungen für Landwirte geben. „Zudem legen wir ein Förderprogramm für Betriebe zur Anschaffung entsprechender Geräte auf", erklärte der SPD-Abgeordnete. Bei Neuland, dem Programm für tiergerechte, umweltschonende, bäuerliche Nutztierhaltung, wird seit Jahren erfolgreich mit dem Einsatz von Isofluran gearbeitet. Demgegenüber zeigen laut topagrar erste Untersuchungsergebnisse zur Kastration mit lokaler Betäubung (Lokalanästhesie, 4.Weg), die im Versuchs- und Bildungszentrum für Landwirtschaft Haus Düsse/NRW vorgestellt wurden, „ernüchternde Ergebnisse“. Es bestehe noch großer Forschungsbedarf.