Bundesregierung äußert sich zu Übergangsfrist bei Ferkelkastration

„Die Bundesregierung wird die Übergangsfrist, die bis zur Geltung des Verbots der betäubungslosen Ferkelkas­tration um zwei Jahre verlängert werden soll, nutzen, um die Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration im Sinne der Praxisgerechtheit fortzuentwickeln. Auf diese Weise soll die Ferkelproduktion auch künftig in Deutsch­land gehalten und verhindert werden, dass gerade kleine und mittlere Betriebe aufgeben“, heißt es in einer schriftlichen Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hans-Joachim Fuchtel auf eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff. „Auch aus diesem Grund wird das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft während der Übergangszeit eine Verordnung auf den Weg bringen, mit der es Landwirten ermöglicht wird, die sogenannte Isoflu­ran-Betäubung selbst durchzuführen und nicht teuer von einem Tierarzt machen zu lassen“, so Fuchtel weiter. Außerdem werde das Bundesministerium für Ernäh­rung und Landwirtschaft die Übergangszeit aktiv mit einem Evaluierungs- und Moderationsprozess begleiten, an den übrigen Alternativmethoden weiterforschen und prüfen, welche Maßnahmen zur Unterstützung der Land­wirte noch ergriffen werden können. Für Ostendorff hätte all diese Planung schon längst erfolgen müssen. Kritik übt er zudem an der Priorisierung im Haushalt 2018 im Bundesprogramm Nutztierhaltung, wo „lediglich 500.000 Euro für die Erforschung von Alternativverfahren zur betäubungslosen Ferkelkastration eingestellt sind, 7,6 Millionen Euro jedoch für andere Forschungsbereiche“. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Fristverlängerung weiterhin verteidigt, macht der Deutsche Tierschutzbund deutlich, dass der entsprechende Gesetzentwurf gegen das Staatsziel Tierschutz und somit gegen das Grundgesetz verstoßen würde. In einer Anhörung im Deutschen Bundestag auf Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen habe bereits der Mannheimer Strafrechtler Prof. Dr. Jens Bülte diesen Verfassungsverstoß belegt. Nun bestätigt nach Ansicht des Tierschutzbundes ein weiteres, ihm vorliegendes Gutachten diese Rechtsauffassung. Darin komme der renommierte Tierschutzrechtsexperte Dr. Christoph Maisack laut Tierschutzbund ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Verschiebung des Gesetzes, das bisher ab 1.1.2019 die Schmerzausschaltung vorschreibt, gegen das Staatsziel Tierschutz verstößt.
„Die Große Koalition zeigt sich mit ihren Plänen zur Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration fest entschlossen, die Tierqual für 40 Millionen Ferkel um weitere zwei Jahre zuzulassen“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Damit stellt die Große Koalition die wirtschaftlichen Interessen der Tiernutzer in Deutschland über das Staatsziel Tierschutz und verstößt gegen das Grundgesetz. Wir ahnen, dass das den handelnden Personen in der CDU, CSU und SPD auch klar ist. Umso deutlicher wird, wie hier die ökonomischen Interessen der Tiernutzer durchgesetzt werden sollen - ohne jeden Respekt vor dem Tier und der Verfassung. Was rechtstaatlich beschlossen ist, muss gelten, sonst leben wir in einer Bananenrepublik – oder, mit Blick auf aktuelle Fragen, in einer Ferkelrepublik.“ Ähnlich äußert sich auch Friedrich Ostendorff: „Der Verlängerung der betäubungslosen Kastration, wie sie von SPD und Union angestrebt wird, fehlt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Ein weiteres, internes und unveröffentlichtes Gutachten aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kommt scheinbar zu dem gleichen Ergebnis. Die Koalitionsfraktionen müssen dies zur Kenntnis nehmen. Es zeugt von einem unsäglichen Politikverständnis, wenn Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht werden sollen, obwohl von einer Verfassungswidrigkeit ausgegangen werden muss.“
24.10.2018
Von: FebL

Der grüne Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff kritisiert die Haltung der Bundesregeirung zur Ferkelkastration. Foto: Ostendorff