MISEREOR fordert sozial-ökologische Wende in der Agrarpolitik

Zunehmende Wetterextreme wie Stürme, Überschwemmungen und lange Trockenzeiten machen nach Ansicht MISEREORs die Wende der weltweiten Agrar- und Ernährungspolitik immer dringlicher. Eine aktuelle Umfrage unter Landwirtinnen und Landwirten in Deutschland zeigt: Auch 63 Prozent der befragten Bauern hierzulande halten ein Umdenken angesichts des Klimawandels für nötig. Dass agrarökologische Anbaumethoden hierzu einen konkreten Beitrag leisten können, zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie des Werks für Entwicklungszusammenarbeit. „Während die industrialisierte Landwirtschaft weiterhin erheblich zur Erderwärmung beiträgt und die Agrarindustrie einseitig auf die Suche nach technologischen Lösungen setzt, passen Kleinbauern in Indien, dem Senegal und Brasilien ihre Anbausysteme längst effektiv an neue Bedingungen an. Auf diese Weise verbessern sie ihr Auskommen, schützen die Umwelt und werden widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels“, fasst MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon die Ergebnisse der Studie ‚Agroecology as a Pathway towards Sustainable Food Systems‘ zusammen. Über zwei Jahre wurden mehr als 1.200 Interviews mit Kleinbauern geführt, um die komplexen Herausforderungen ihrer Landwirtschaft und das Potenzial von agrarökologischen Ansätzen zu untersuchen. Diese zielen darauf ab, Landwirtschaft mit der Natur und nicht gegen sie zu betreiben und bestmöglich Synergien mit Mensch und Umwelt zu schaffen. „Die Studie zeigt, dass selbst Bauern in Trockengebieten, trotz zunehmend schwankender Niederschläge, die Produktivität steigern und ihr Auskommen durch Agrarökologie verbessern konnten. Sowohl weil die Haushalte mehr Lebensmittel für den Eigenverzehr zur Verfügung haben als auch größere Mengen landwirtschaftlicher Produkte verkaufen können. Vor allem die ärmsten zehn Prozent der Haushalte haben einen besonders dynamischen Einkommensanstieg verzeichnet“, so Bröckelmann-Simon. Trockengebiete machen immerhin rund 41 Prozent der Landmasse auf der Erde aus. Gerade in diesen Regionen sind Millionen Menschen durch den Klimawandel massiv von Hunger und Nahrungsunsicherheit bedroht. Auch hierzulande treibt der Klimawandel die Bauern um. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa unter 300 deutschen Landwirten, die MISEREOR in Auftrag gegeben hat. 63 Prozent der Befragten halten darin ein Umdenken in der Landwirtschaft angesichts des Klimawandels für nötig. Richtungsweisend ist diese Aussage: Fast die Hälfte der Landwirte (47 Prozent) kann sich vorstellen, auf ökologischere Landwirtschaft umzustellen, wenn diese durch die Politik stärker gefördert würde. „Agrarökologische Ansätze haben großes Potenzial, Treibhausgase zu reduzieren, Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt zu steigern und widerstandsfähige Lebensgrundlagen zu schaffen. Sie greifen die Ursachen von Hunger, Armut und Ungleichheit bei der Wurzel und sind damit nicht nur ein Schlüssel zur Umsetzung der Agenda 2030, sondern auch zur Erreichung unserer Klimaziele,“ betont Martin Bröckelmann-Simon. „Auch die deutsche Entwicklungs- und Agrarpolitik muss agrarökologische Ansätze konsequent fördern, will sie diese Ziele erreichen. Denn dass das industrielle landwirtschaftliche System krankt, weil es extrem anfällig ist, hat nicht zuletzt der Sommer in Deutschland gezeigt.“