Neuland setzt Standards im Tierschutz

Zum Welttierschutztag am 4.10. rufen Bauern und Bäuerinnen die Verbraucher und Verbraucherinnen zu bewussten Kaufentscheidungen auf und fordern von der Bundesministerin Julia Klöckner eine aktive und möglichst schnelle Unterstützung beim Umbau der Tierhaltung. „Damit der notwendige Umbau hin zu einer tierschutzgerechten Haltung von Schweinen, Geflügel und Rindern gelingt, sind wir alle auch als Verbraucherinnen und Verbraucher gefordert“, sagt Schweinehalter Martin Schulz. Seit 1995 mästet der Wendländer Schulz seine 850 Schweine nach den Richtlinien des Neuland-Programms für eine besonders artgerechte Nutztierhaltung. Die Richtlinien sind gemeinsam von Bauern, Tierschützern und Umweltschützern entwickelt worden. Denn Träger des Programms sind seit 29 Jahren der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Deutsche Tierschutzbund und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Unsere Schweine haben etwa doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben, eine mit Stroh eingestreute Liegefläche ohne Spaltenboden im Stall und einen Auslauf nach draußen. Das macht es möglich, dass der Ringelschwanz bei unseren Ferkeln natürlich dran bleibt und nicht gekürzt wird. Bei uns werden die Ferkel schon seit zehn Jahren nur noch unter Betäubung kastriert. Außerdem füttern wir gentechnikfrei und verzichten auf Importfutter­mittel wie Soja aus Übersee“, erklärt Schulz, der auch Bundesvorsitzender der AbL ist. Eine weitere Besonderheit sind die Bestandsobergrenzen. Ein Neuland-Bauer darf heute z.B. maximal 950 Mastschweine oder 150 Sauen mit Ferkeln halten. „Wir setzen nicht nur beim Tierschutz Standards, sondern wollen ganz bewusst auch für bäuerliche Betriebe wirtschaftliche Zukunftsperspektiven schaffen. Damit das gelingt, bekommen bei uns die Bauern langfristige vereinbarte Erzeugerpreise, die von den tatsächlichen Kosten einer tierschutzgerechten Tierhaltung aus berechnet sind“, betont Schulz. Neuland-Fleisch wird bisher vor allem von Fleischerfachgeschäften bzw. Metzgern und in einigen Großküchen wie Uni-Mensen verkauft. Auch einige Lebensmitteleinzelhändler bieten Neuland-Waren an. „Je mehr Menschen sich beim Einkauf bewusst für Premium-Standard entscheiden, desto mehr Bauern und Metzger können mitmachen“, so Schulz. Auch zur aktuellen Entscheidung der Berliner Koalitionsspitzen, die betäubungsloste Ferkelkastration zwei Jahre länger zu erlauben, sagt Schulz: „Wir appellieren an Bundesministerin Julia Klöckner, die Bäuerinnen und Bauern bei dem anstehenden Umbau der Ställe und Haltungssysteme aktiv zu unterstützen. Die Betriebe brauchen möglichst schnell Klarheit und Verlässlichkeit über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die zugelassenen Verfahren. Zudem muss die breite Einführung und Umsetzung zukunftsfähiger Verfahren durch ein umfangreiches Förderprogramm aktiv vorangetrieben werden. Nicht zuletzt brauchen wir eine staatliche Tierwohlkennzeichnung, damit die Verbraucher die Qualität der verschiedenen Label erkennen und vergleichen können. Die baldige Kennzeichnung ist auch für die Bauern wichtig, damit sie sich auf die entsprechenden Kriterien einstellen und zusätzliche Wertschöpfungsmöglichkeiten nutzen können. Wir wünschen uns von Bundesministerin Julia Klöckner hier mehr Tempo und mehr Klarheit. Notwendig ist eine ambitionierte Nutztierstrategie“, fordert Schulz. Der Deutsche Tierschutzbund (TSchB) hat den diesjährigen Welttierschutztag unter das Motto „Beendet das Leiden der Schweine!“ gestellt. Er möchte damit die Öffentlichkeit für die Qualen sensibilisieren, die Schweine in den meisten deutschen Haltungssystemen erleiden müssen - wie die Kastration ohne Betäubung, das Kupieren der Ringelschwänze und die Fixierung der Sauen in engen Kastenständen. Das gesamte Schweinehaltungssystem verstößt nach Ansicht des TSchB im Grunde gegen geltendes Recht. „Das Leiden der Schweine muss endlich ein Ende haben – die Politik darf die wirtschaftlichen Interessen der Tiernutzer nicht länger höher stellen als den Schutz der Tiere. Es darf nicht länger sein, dass Ferkeln routinemäßig die Schwänze kupiert und die Zähne abgeschliffen werden. Dass ganz aktuell sogar versucht wird, das Tierschutzgesetz zu ändern, damit männliche Ferkel weiter ohne Betäubung kastriert werden dürfen und das schon beschlossene Verbot hinausgezögert wird, ist aus Tierschutzsicht nicht hinzunehmen. Gleichzeitig ist dies auch rein rechtlich nicht haltbar – schließlich steht der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz“, so der TSchB.