Agrarminister sollen Leistungen der Bauern unterstützen

Neben praktikablen Lösungen für die Umsetzung der betäubungslosen Ferkelkastration steht die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) heute ganz oben auf der Tagesordnung, wenn die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und Ländern im nordrhein-westfälischen Bad Sassendorf zu ihrer Herbstkonferenz zusammenkommen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert die Agrarministerinnen und Minister auf, die Chancen der EU-Agrarreform zu nutzen, um die jeweiligen positiven Leistungen der Betriebe für Umwelt, Klima, Natur und Tierschutz gezielt zu honorieren. „Die bäuerlichen Betriebe leisten bereits heute viel, und gleichzeitig ist allen klar, dass wir an verschiedenen Stellen noch mehr tun müssen, um die gewachsenen Herausforderungen zu meistern. Die heutige Vergabe der EU-Fördergelder berücksichtigt aber kaum, wie viel der einzelne Betrieb jeweils leistet. Damit werden keine oder sogar falsche Anreize gesetzt. Die neue Reform der EU-Agrarpolitik gibt die Chance, hier gezielter und gerechter vorzugehen. Dazu sollten sich die Minister bekennen“, wünscht sich der AbL-Vorsitzende Martin Schulz. In einem Brief an die Ministerinnen und Minister ruft der AbL-Vorsitzende dazu auf, in Zukunft auch die Direktzahlungen, die den Großteil der EU-Agrargelder ausmachen, für eine solche differenzierte Honorierung von positiven Leistungen zu nutzen. Die EU-Kommission hat hierfür das Instrument von neuen Umwelt-Fördermaßnahmen vorgeschlagen, das von allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden soll. „Dieses Instrument ist das inhaltliche Herzstück der Reform. Das darf den Mitgliedstaaten nicht freigestellt werden, sondern muss unterstützt und mutig umgesetzt werden“, fordert Schulz. Die AbL hat für eine einfache, aber wirksame Umsetzung einen Vorschlag vorgelegt. Auch die Vorschläge der Kommission, eine Obergrenze für Direktzahlungen je Betrieb und einen Aufschlag für die kleineren und mittleren Betriebe einzuführen, unterstützt die AbL, fordert aber wichtige Korrekturen, um tatsächlich zu einer fairen Verteilung der Zahlungen zu kommen. Zum Auslaufen betäubungsloser Ferkelkastration mahnt der AbL-Vorsitzende, den Sauenhalterinnen und Sauenhaltern glaubwürdige Perspektiven zu eröffnen. Dazu fordert die AbL eine „qualifizierte Verlängerung der Frist“ um ein Jahr. In der Zeit müsse Rechtssicherheit hergestellt, und die Betriebe sollten mit Informations- und Fördermaßnahmen in die Lage versetzen werden, zugelassene Verfahren in der Praxis umzusetzen. Zudem brauche es eine Ausbildung und übergangsweise finanzielle Förderung von überbetrieblich tätigen Personen, die die Narkose-Verfahren durchführen könnten. Das müssten nicht Tierärzte sein. Auch die Anschaffung z.B. von Narkosegeräten, die im NEULAND-Programm seit 10 Jahren erfolgreich eingesetzt werden, solle in der Übergangsfrist gefördert werden. „Zentral ist zudem, dass die Sauenhalter nicht auf den Mehrkosten der tierschutzgerechten Verfahren sitzen bleiben“, so Schulz. Die EU-Agrarreform, der Umbau der Nutztierhaltung und die dringend notwendige Ackerbaustrategie sind aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zentrale Themen, die auf der Herbstkonferenz der Agrarministerkonferenz diskutiert werden müssen. "Die Bundesländer haben es in der Hand, die Agrarwende einzuleiten. Wir erwarten von der Agrarministerkonferenz zukunftsweisende Beschlüsse für eine umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft", sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, anlässlich der Tagung des Gremiums in Bad Sassendorf. "Rekordsommer mit Trockenheit, geringen Wasserständen und Ernteausfällen werden nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel sein. Die Landwirtschaft muss sich umstellen, jetzt und nicht erst in zehn Jahren." Der Umbau der Nutztierhaltung sowie die Erarbeitung einer umfassenden Ackerbaustrategie sind Herkulesaufgaben für die Agrarpolitik. "Die Agrarwende darf nicht weiter verschleppt werden", betonte der BUND-Vorsitzende. "Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen sich jetzt darauf verständigen, wie eine umwelt- und naturverträgliche sowie bäuerliche Landwirtschaft der Zukunft aussehen soll, die auch künftige Generationen mit genügend Nahrungsmitteln versorgt. Weder gentechnisch verändertes Saatgut, noch der Einsatz von immer mehr Ackergiften sind hier die Lösung. Vielmehr brauchen wir eine Landwirtschaft, die Fruchtfolgen, natürliche Schädlingsbekämpfung und angepasste Sorten wieder stärker ins Zentrum rückt." Hubert Weiger weiter: "Große Sorgen bereitet uns die EU-Agrarreform. Die geplanten Kürzungen im Agrarhaushalt können in den Bundesländern zu Verlusten um bis zu 30 Prozent in der zweiten Säule führen. Dadurch werden landwirtschaftliche Umwelt-, Klima-, Natur- und Tierschutzmaßnahmen, die Ökolandbauförderung und der Vertragsnaturschutz gefährdet." Auch das Ziel der Bundesregierung, den Ökolandbau bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent der Fläche auszuweiten, könnte den Kürzungen zum Opfer fallen. "Die Bundesländer müssen Kürzungen der zweiten Säule verhindern", so Weiger. Die Bundesländer müssten sich nun für eine Ackerbaustrategie mit verbindlichen Zielen, konkreten Maßnahmen und Finanzierungsvorschlägen einsetzen. Dazu gehöre auch ein belastbarer Plan, wie der Ausbau des Ökolandbaus auf 20 Prozent im Jahr 2030 konkret finanziert werden könne. Auch im Rahmen der Nutztierstrategie fehlen bisher ein klares Ziel und ein verbindlicher Zeitplan zum Umbau der Tierhaltung. "Benötigt werden definierte Bausteine und ein Konzept für die Förderung des notwendigen Umbaus der Tierhaltung", erklärte Weiger. "Auch die Milliarden der EU-Agrarpolitik sowie eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung könnten zum Umbau beitragen. Voraussetzung ist, dass die Mittel für den Umbau der Nutztierhaltung eingesetzt werden."
27.09.2018
Von: FebL/PM