Fristverlängerung für betäubungslose Ferkelkastration ohne Mehrheit

Die von einigen Bundesländern angestrebte Verlängerung der Übergangsfrist beim Verbot der betäubungslosten Ferkelkastration hat heute im Agrarausschuss des Bundesrates keine Mehrheit erhalten. Der Antrag Bayerns, der eine fünfjährige Verlängerung vorsah, scheiterte deutlich. Aber auch Änderungsanträge auf beispielsweise eine dreijährige Verlängerung blieben ohne Mehrheit. Es gilt als offen, inwieweit für die Plenarsitzung des Bundesrates am 21. September noch ein mehrheitsfähiger Antrag vorgelegt werden kann. Für den Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes Thomas Schröder sind das „gute Nachrichten, die uns aus dem Agrarausschuss erreichen“, eine wichtige Hürde sei genommen. „Wir können jetzt nur an das Plenum des Bundesrates appellieren, sich in der Sitzung am 21. September ebenso zu entscheiden und für das bestehende Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2019 einzustehen. Es darf nicht sein, dass die Politik vor der Branche einknickt und die Ferkel fünf weitere Jahre leiden müssen, obwohl tierschutzgerechte Alternativen existieren und es ausreichend Zeit für eine Umstellung gab", so Schröder. Der Deutsche Tierschutzbund hatte sich mit einem Schreiben vor der heutigen Sitzung an die Mitglieder des Agrarausschusses gewandt und an sie appelliert, gegen den Antrag aus Bayern zu stimmen. Eine „tierschutzgerechte Alternative“ bietet das Neuland-Programm. „Bei uns werden die Tiere unter Vollnarkose kastriert. Dafür gibt es Geräte aus der Schweiz. Das machen wir jetzt seit 10 Jahren und das funktioniert auch sehr gut, ist aber wesentlich teurer als andere Systeme“, erklärt Martin Schulz, Neuland-Bauer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft im ZDF-Morgenmagazin. „Wir haben Kosten pro männlichem Ferkel von sechs Euro. Das ist natürlich für den konventionellen Markt sehr schwierig, weil das die Rentabilität der Sauenhaltung schon negativ beeinflusst gerade in der wirtschaftlichen Situation, in der sich die Sauenhalter befinden. Das sehen wir schon ein. Aber die Politik weiß seit fünf Jahren, dass man zum 01.01.2019, die Politik hat das ja entschieden, aussteigen will aus der Kastration ohne Betäubung und sie hätte diesen Prozess begleiten müssen“, sagt Schulz. Für Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik der grünen Bundestagsfraktion, ist es denn auch „ein skandalöses Politikversagen, dass so kurz vor dem Ablauf der Frist keine Strategie vorliegt“. Die Bundesregierung hätte mehr als genug Zeit gehabt, den Ausstieg aus der tierquälerischen betäubungslosen Ferkelkastration zu gestalten. „Die Verlängerung der Frist, damit weiterhin Ferkel ohne Betäubung operiert werden dürfen, kann keine Lösung sein. Mit der Inhalationsbetäubung und der Immunokastration stehen Alternativmethoden zur betäubungslosen Kastration zur Verfügung. Eine Verlängerung ist faktisch nicht notwendig – es sei denn, die Ministerin lässt sich von den Interessenverbänden der Fleischlobby stärker beeindrucken als von beschlossenen Gesetzen“, kommentiert der grüne Agrarsprecher. „Zutiefst erschüttert“ zeigt sich Marlene Mortler, agrarpolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, von der Entscheidung im Bundesratsausschuss. Zu der haben ihrer Ansicht nach „auch die in den vergangenen Jahren emotional geführten Debatten und Kampagnen einzelner Nichtregierungsorganisationen und Parteien beigetragen“ und spricht in diesem Zusammenhang von einem „ideologischen Machtkampf“.
03.09.2018

Martin Schulz im Morgenmagazin des ZDF.