Milch gegen Maschinen

EU-Freihandelsgespräche mit Australien und Neuseeland Die Handelsminister, in Deutschland vertreten durch das Wirtschaftsministerium, haben entschieden: Die EU-Kommission beginnt Freihandelsgespräche mit Neuseeland und mit Australien. Ozeanien hat ein klares Interesse daran, Milch- und Fleischprodukte, vor allem von Rindern und Schafen, zu exportieren. Nur im Gegenzug einer entsprechenden Marktöffnung werden sie ihre Märkte für Maschinen, Chemikalien oder verarbeitete Lebensmittel aus Europa öffnen – Auge um Auge, Zahn um Zahn. Was es bedeuten könnte, bzw. welche Exportpotentiale Ozeanien hat, zeigen Berechnungen des Thünen-Institutes. Im Falle einer vollständigen Liberalisierung lägen die Produktionsrückgänge in Deutschland zwischen 3,3 % und 3,9 % bei Rohmilch und zwischen 3,9 % und 4,5 % bei Milchprodukten. Topagrar-Online meldet, dass die EU-Kommission im Rindfleischsektor davon ausgeht, dass sich die Rindfleischimporte aus Australien in die EU verfünffachen könnten. Ein Freihandelsabkommen könnte zu einem Produktionsrückgang von 1,2 % in der EU führen. Zwar ist nicht mit einer vollständigen Liberalisierung zu rechnen, aber will die EU mehr Maschinen exportieren, wird sie auch mehr Marktzugang für Milch und Fleisch gewähren müssen. Die Milcherzeugung ist in Ozeanien deutlich billiger als in Europa. In Neuseeland gibt es auf jedem Betrieb im Durchschnitt 410 Kühe, während in Deutschland im Schnitt 61 Milchkühe im Stall stehen. Die Billigstrategie hat in Neuseeland ihren Preis. Umweltbelastungen durch Nährstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft machen dort immer wieder Schlagzeilen. „Diese Umweltbelastungen importieren wir mit, wenn solche Handelsabkommen abgeschlossen werden“, sagt Ottmar Ilchmann, Milchsprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Gleichzeitig wird unsere Landwirtschaft, angetrieben durch die billige Export- und Importorientierung, ebenfalls zunehmend in die Intensivierung getrieben.“ „Die Situation auf dem Milchmarkt ist aktuell äußerst fragil und angespannt“, sagt Ilchmann weiter. „Zwar hat sich der Markt in den letzten Wochen leicht erholt, trotzdem ist perspektivisch nicht mit Preissteigerungen zu rechnen. Der Milchmarkt ist immer noch übervoll. Deshalb liegt der Preis, den die Erzeuger erhalten, zehn Cent unter der Kostendeckung. Die Situation für unsere Milchhöfe ist ruinös und nun sollen durch ein neues Handelsabkommen mit Neuseeland und Australien noch zusätzliche Milchimporte auf unsere übervollen Märkte zugelassen werden. Damit wird unsere bäuerliche Milchwirtschaft gänzlich auf's Spiel gesetzt.“ Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft lehnt solche Handelsabkommen wie mit Neuseeland und Australien ab und fordert eine Qualitätsoffensive in der Agrar- und Handelspolitik.
07.06.2018
Von: Berit Thomsen, AbL-Handelsreferentin

Bekommen Konkurrenz aus Down Under Foto: Nürnberger