Ährensache ohne Bayer

Gegen die Megafusion von Bayer und Monsanto demonstrierten heute Morgen mehr als 200 Personen vor der Hauptversammlung der Bayer-AG in Bonn. Auf der Hauptversammlung selber wurde in mehreren Gegenanträgen deutliche Kritik an den Geschäftspraktiken des Bayer-Konzerns geübt. Und ganz so üppig, wie von der Konzernspitze zunächst verkündet, scheinen die prognostizierten Synergieeffekte infolge der Fusion auch nicht mehr zu sein. Die Marktkonzentration im Agrarsektor bedroht die bäuerliche Landwirtschaft und die Ernährungssouveränität, so die Kritik der Demonstranten vor dem Versammlungsgebäude, darunter Bauern, Verbraucher, Imker, Umweltschützer. Einige Bauern waren extra mit ihren Traktoren angereist. „Ährensache ohne Bayer“ stand auf einem ihrer Spruchbänder – ein Plädoyer für eine konzernunabhängige Landwirtschaft. Teil der Proteste war auch eine überdimensionale „PacMan“-Figur in Form einer Bayer-Tablette. Vor den Augen der anreisenden Aktionäre verschlang sie zahlreiche Gemüse- und Obstsorten. Diese „BaySanto“-Performance verdeutlichte die Befürchtung, dass der Megakonzern nach der Fusion noch mehr Patente auf Pflanzen anstreben und so einen massiven Verlust der Saatgutvielfalt herbeiführen würde. „Bayer gibt hunderttausende Euros für öffentlichkeitswirksame Kampagnen aus, mit denen der Konzern uns weismachen will, auf der Seite von Bauern und Bienen zu stehen. Das Bayer-Geschäftsmodell widerspricht dem allerdings fundamental. Bayer und Monsanto erzielen Milliardenprofite mit Neonikotinioden, Glyphosat und Gentechnik. Wir Bauern und Imker setzen auf konzernfreies Saatgut und eine flächendeckende Ökologiesierung der Landwirtschaft. Das ist mit Bayer-Monsanto nicht zu machen“, sagt Bernd Schmitz, Milch- und Ackerbauer aus Hennef bei Bonn und Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in NRW. Die Gentechnik-Expertin der Bundes-AbL Annemarie Volling kritisiert insbesondere die Bestrebungen des Bayer-Konzerns, neue Gentechnik-Verfahren durch die Hintertür durchzusetzen. „Bayer-Chef Baumann versucht der Bevölkerung und der Politik die neuen Gentechnik-Verfahren wie CRISPR/Cas als ‚neue‘ Wunderwaffe mit alten Argumenten schmackhaft zu machen. Vor allem will Bayer, dass die neuen Techniken nicht als Gentechnik eingestuft und reguliert werden. Ohne Zulassungsverfahren und Kennzeichnung können die Risikopflanzen unreguliert in der Umwelt und in unserem Essen landen. Statt Gentechnik durch die Hintertür fordern wir die Stärkung des Vorsorgeprinzips und Wahlfreiheit für Züchter, Bauern und Verbraucher.“ Und dem Mythos, dass die Ernährung der Weltbevölkerung nur mit der Bayer-Vision von Landwirtschaft zu erreichen sei, widerspricht Christian Rollmann vom „Wir haben es satt!“-Bündnis. „Bayer ist kein Wohltätigkeitsverein, sondern ein Konzern, der mit unserem Essen Milliardengewinne generieren will. Wenn Bayer ‚Hungerbekämpfung‘ sagt, dann ist damit die Erschließung von neuen Märkten hier und im globalen Süden gemeint. Den 800 Millionen Menschen, die weltweit an Hunger leiden, ist durch die Zerstörung von bäuerlichen Strukturen und regionalen Saatgutmärkten nicht geholfen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Megakonzerne die Kontrolle über unser Ernährungssystem übernehmen.“ Auf der Hauptversammlung wurden unter anderem von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) in einer Reihe von Gegenanträgen die Aktionäre aufgefordert, den Bayer-Vorstand nicht zu entlasten. Begründet wurde dieses anhand mehrerer Beispiele aus der Geschäftspraxis des Konzerns. So halte Bayer an Neonikotinoiden fest, obwohl die Auswertung von 1000 begutachteten Studien durch internationale, unabhängige Wissenschaftler ergeben hat, „dass Neonikotinoide eine ernsthafte Gefahr für Bestäuber sind, einschließlich der Bienen und Schmetterlinge“. Ferner hat Bayer gemeinsam mit Syngenta „versucht, das mit einer Studie zum Bienensterben beauftragte ‚Center for Ecology and Hydrology‘ (CEH) dazu zu bringen, das nicht den Erwartungen der Konzerne entsprechende Resultat im Nachhinein zu ändern.“ Doch „glücklicherweise verweigerten sich die ForscherInnen diesem Ansinnen und blieben ihren wissenschaftlichen Grundsätzen treu“. Und kritisiert wird auch die geplante Übernahme von Monsanto, „um sich damit an die Spitze des Oligopols zu setzen, das den globalen Agrar-Markt beherrscht“. Jedoch verläuft das mit der Übernahme verbundene Kartellverfahren nicht nach den Plänen des Bayer-Konzerns. „Es dauert wesentlich länger und verlangt Bayer deutlich mehr Zugeständnisse ab“, schreibt das Handelsblatt, so dass sich der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz schon fragt „wie werthaltig die Übernahme noch ist“. Die Synergieziele der Übernahme hat Bayer laut Handelsblatt „wie erwartet gesenkt: Ursprünglich sollte die Fusion 1,5 Milliarden Dollar an Synergien bringen, vor allem durch geringere gemeinsame Kosten. Jetzt geht Bayer von 1,2 Milliarden Dollar (aktuell rund eine Milliarde Euro) aus.“ Nach Ansicht des Handelsblatts zeigte sich auf der Hauptversammlung in fast allen Beiträgen der Aktionärsvertreter und Investoren ein erwarteter oder befürchteter Image-Schaden für Bayer durch die Fusion. Vor diesem Hintergrund forderte der Investorenvertreter Speich laut Handelsblatt „mehr Einsatz für Artenvielfalt und Umweltschutz“ von Bayer. Wiebke Schröder von der Vereinigung Sum of us, die auch einen Gegenantrag auf der Hauptversammlung gestellt hat, erklärte, dass Monsanto „zahlreiche Kleinbauern in alller Welt in den Ruin getrieben“ hat und forderte den Vorstandsvorsitzenden von Bayer Baumann auf „sich der Verantwortung zu stellen“. Das Ergebnis laut Handelsblatt: „Das will Bayer tun: Baumann kündigte an, Kleinbauern weiter zu unterstützen und nicht zu verklagen, wenn sie unerlaubt Saatgut-Lizenzen nutzen.“
25.05.2018
Von: FebL/PM AbL

Überbrachten die bäuerliche Antwort auf Konzernmacht: Ährensache ohne Bayer. Im Bild unter dem Plakat auch zwei Redner der Protestkundgebung: Annemarie Volling (2te v.li.) und Bernd Schmitz (3ter v.re.)