Milchimporte aus Ozeanien vernichten bäuerliche Milchhöfe

Die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten haben heute dem Handelsmandat der EU-Kommission zugestimmt, auf dessen Grundlage nun die Verhandlungen für Handelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland und Australien beginnen. Bisher ist der sensible Milchmarkt in Europa weitestgehend vor Importen geschützt. Der Schutz soll mit diesen neuen Handelsabkommen fallen. „Die Situation auf dem Milchmarkt ist aktuell äußerst fragil und angespannt“, sagt Ottmar Ilchmann, Milchsprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Zwar hat sich der Markt in den letzten Wochen leicht erholt, trotzdem ist perspektivisch nicht mit Preissteigerungen zu rechnen. Der Milchmarkt ist immer noch übervoll. Deshalb liegt der Preis, den die Erzeuger erhalten, zehn Cent unter der Kostendeckung. Die Situation für unsere Milchhöfe ist runinös und nun sollen durch ein neues Handelsabkommen mit Neuseeland und Australien noch zusätzliche Milchimporte auf unsere übervollen Märkte zugelassen werden. Damit wird unsere bäuerliche Milchwirtschaft gänzlich auf's Spiel gesetzt.“ Die EU exportiert aktuell primär Industrieerzeugnisse nach Australien und importiert vor allem mineralische Stoffe und Landwirtschaftserzeugnisse. Auch Neuseeland schickt in erster Linie Erzeugnisse aus der Landwirtschaft nach Europa. Neuseeland und Australien wollen in erster Linie Milchprodukte, aber auch Fleisch exportieren. Nach Berechnungen des Thünen-Institutes könnten, im Falle einer vollständigen Liberalisierung, die Produktionsrückgänge in Deutschland zwischen 3,3% und 3,9% bei Rohmilch und zwischen 3,9% und 4,5% bei Milchprodukten liegen. Die Milcherzeugung ist in Ozeanien deutlich billiger als in Europa. Die Billigstrategie hat in Neuseeland ihren Preis. Umweltbelastungen durch Nährstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft machen dort immer wieder Schlagzeilen. „Diese Umweltbelastungen importieren wir mit, wenn solche Handelsabkommen abgeschlossen werden“, sagt Ottmar Ilchmann. „Gleichzeitig wird unsere Landwirtschaft, angetrieben durch die billige Export- und Importorientierung, ebenfalls zunehmend in die Intensivierung getrieben. Diese Entwicklung kritisieren zunehmend die Gesellschaft und Bäuerinnen und Bauern. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft lehnt solche Handelsabkommen wie mit Neuseeland und Australien ab und fordert eine Qualitätsoffensive in der Agrar- und Handelspolitik.“ „Wir dürfen nicht zulassen, dass bäuerliche Landwirtschaft und Umwelt durch einen Handelsdeal unter die Räder kommen, der auf Agro-Industrie und Billig-Produktion setzt“, kommentiert auch die grüne EU-Abgeordnete Maria Heubuch das geplante Handelsabkommen. Und in einem Gutachten „Die neuen Handelsabkommen der EU - Folgenabschätzung für die bäuerliche Landwirtschaft am Beispiel des geplanten Handelsabkommens mit Neuseeland“, das Berit Thomsen, Referentin für internationale Agrarpolitik der AbL, im Auftrag der EU-Abgeordneten Maria Heubuch erstellt hat, lautet ein Fazit: „Die europäische Handelspolitik ist neu und demokratisch zu entwickeln. Ziel muss sein, dass der globale Handel die soziale Gerechtigkeit, den Umwelt-, Klima und Tierschutz und die Ernährungssouveränität nicht schwächt, sondern langfristig stärkt“. Die EU treibt derzeit weitere Freihandelsabkommen voran. So soll beispielsweise eines mit Japan im Juli am Rande des EU-Gipfels unterzeichnet werden und im Herbst ein Handels- und Investitionsabkommen mit Singapur folgen, das als Vorlage für weitere Abkommen mit südostasiatischen Staaten dienen soll.
22.05.2018
Von: FebL/PM AbL