Kartellrechtliche Auflage: Tierwohl erkennbar machen

Die Brancheninitiative Tierwohl hat sich vom Bundeskartellamt die wettbewerbsrechtliche Zustimmung für die Weiterführung mit leicht veränderten Plänen geholt – allerdings befristeten die obersten Wettbewerbshüter ihre Zustimmung bis 2020, verknüpft mit der Forderung nach Kennzeichnung der entsprechenden Produkte. So äußerte sich Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes in einer Pressemitteilung: „Wir begrüßen Initiativen zur Förderung einer artgerechten Tierhaltung. Das Wettbewerbsrecht steht solchen Vorhaben nicht im Wege. Da mit der Initiative Tierwohl branchenübergreifend auch wettbewerbsrelevante Faktoren abgestimmt werden, müssen wir aber sicherstellen, dass der Verbraucher davon auch wirklich profitiert. Hierfür ist entscheidend, dass der Kunde in transparenter Art und Weise erkennen kann, welches Stück Fleisch nach welchen Tierwohlkriterien hergestellt wurde oder ob dies gerade nicht der Fall war. Nur wenn diese Transparenz gewährleistet ist, kann er seinen Einkauf entsprechend danach ausrichten.“ Über die Brancheninitiative werden bisher einzelne Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls gefördert; bis auf einige Grundanforderungen können die Tierhalter aus einem Maßnahmenkatalog betriebsindividuell auswählen und zusammenstellen. D.h. es gibt keinen einheitlichen Standard – und an der Ladentheke keine Produkte, die rückverfolgbar von einem teilnehmenden Betrieb stammen und umgesetzte Tierwohlmaßnahmen nachvollziehbar machen. Eine kostenintensive getrennte Erfassung, Verarbeitung und Darstellung in der Wertschöpfungskette war nicht vorgesehen. Nun hat die Initiative Tierwohl zumindest für Geflügel angekündigt, ab 2018 bei unbehandeltem Frischfleisch die sogenannte Nämlichkeit einzuführen. Das Bundeskartellamt beschreibt die Anforderung so: „Das bedeutet, dass der Verbraucher künftig anhand eines Labels erkennen kann, ob das jeweilige Stück Fleisch nach Tierwohlkriterien produziert wurde und welche Vorteile für den Tierschutz mit der Initiative tatsächlich einhergehen.“ Ob tatsächlich klar werden wird, welche genauen Tierwohlkriterien eingehalten wurden, bleibt zunächst offen. Weil bisher für den Bereich Schweinefleisch keine Kennzeichnung geplant ist, räumt die Kartellbehörde eine Übergangszeit für die Initiative bis 2020 ein. Möglichst bis Ende 2018 solle jedoch ein Konzept für die Einführung von mehr Verbrauchertransparenz ab dem Jahr 2021 vorgelegt werden. Die Brancheninitiative Tierwohl wird von Organisationen und Unternehmen aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) getragen. Die Tierwohlmaßnahmen der teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe werden aus einem Fonds honoriert, der zur Zeit von zehn Unternehmen des LEH finanziert wird. Dazu führen diese pro insgesamt verkauftem Kilogramm Schweine- und Geflügelfleisch vier Cent an den Fonds ab - 6,25 Cent ab 2018. Die finanziellen Mittel werden somit zwar erhöht – sind aber alles in allem sehr begrenzt. Nun sind im Zuge der Weiterentwicklung der Initiative die Zahl der Kriterien, aus denen die Tierhalter und -halterinnen wählen können verringert worden – und die Vergütung insgesamt pro Betrieb gedeckelt. So reichen die verfügbar gemachten Mittel zwar für mehr teilnehmende Betriebe – das Maß an Tierwohl und die Anreize zur Probierfreude der Bauern und Bäuerinnen werden damit kleiner.
28.09.2017
Von: cw