Paukenschlag beim DMK

Abstimmung mit den Füßen braucht neue Perspektiven

Auch bei der größten deutschen Molkerei, dem Deutschen Milchkontor (DMK), kam es im Verlauf des Spätherbstes zu einer deutlichen Anhebung der Milchauszahlungspreise. Nach 20,2 Cent in den Sommermonaten bekommen die Lieferanten aktuell immerhin 31,2 Cent/kg. Nach den teils heftigen Protesten im letzten Jahr, einer außerordentlichen Vertreterversammlung und vielen Wechseln in Geschäftsführung und Ehrenamt schien wieder Ruhe eingekehrt zu sein. Umso größer war die Überraschung, als zum Jahresanfang bekannt wurde: 1,7 Milliarden kg Milch, das ist ein Viertel der gesamten Jahresliefermenge, befinden sich beim DMK in Kündigung! Der kleinere Teil der Menge ist schon zum Ende dieses Jahres frei, der größere Teil Ende 2018. Damit haben die DMK-Genossen einen Paukenschlag gesetzt: Ihre Geduld mit ihrem Unternehmen erschien bisher grenzenlos. Engagierte Milchbauern fragten sich bei den Aktionen: Wo sind die ganzen DMK-Kollegen? Wie sehr es aber unter der Oberfläche brodelte, zeigt jetzt diese Abstimmung mit den Füßen. Dabei kündigen die Lieferanten häufig ohne direkte Übernahmeperspektive durch eine andere Molkerei. Das macht deutlich, wie gering die Hoffnung auf Besserung beim DMK ist, und wie wenig Einflussmöglichkeiten die Lieferanten auf ihr Unternehmen haben. Man kann die ehemalige „Leuchtturmmolkerei“ wohl getrost als gescheiterte Genossenschaft bezeichnen. Bezeichnend ist, dass gerade der Bauernverband das DMK stets hofiert und seine Wichtigkeit betont hat. Der ehemalige DBV-„Milchpräsident“ Udo Folgart lobte den Konzentrationsprozess bei jeder Gelegenheit, und aktuell ist der niedersächsische BV-Vize Heinz Korte zum neuen DMK-Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt worden. Geschäftsführung und Ehrenamt haben mit einer erbarmungslosen Preispolitik viele Milchbauern in den Ruin getrieben und sind mit ihrer Weltmarktpolitik als Unternehmen zwar erfolgreich, aber auf Kosten bäuerlicher Existenzen. Es rächt sich jetzt, dass man anscheinend die Signale aus den Reihen der Mitglieder nicht mehr wahrgenommen hat. Verantwortung klar benennen Noch im letzten Frühjahr sagte man seitens der Geschäftsführung einer Delegation von BDM und AbL: „Sie tragen die Unruhe nur von außen in das Unternehmen hinein, unsere Mitglieder sind zufrieden.“ Was für eine groteske Fehleinschätzung! Gleichzeitig ist diese Kündigungswelle eine Bestätigung für die Position der AbL im letzten Jahr, zum einen zwar auf Eigenverantwortung der Bauern und Hilfe durch die Politik zu setzen, zum anderen aber auch ganz klar die Verantwortung der Molkereien zu benennen und von ihnen, namentlich dem DMK als größter Genossenschaft, einen Beitrag zur Beendigung der Milchkrise einzufordern. Dass dieser nicht kam, hat sicher vielen Kollegen die Augen geöffnet für die Stellung der Mitglieder in Genossenschaftsmolkereien und sollte auch der Politik deutlich machen, dass die Branche ihre Probleme bei den derzeitigen Machtverhältnissen zwischen Erzeugern und Molkereien wohl nicht ohne politischen Druck regeln wird. In diesem Zusammenhang darf man auf das Ergebnis der Untersuchungen des Kartellamts beim DMK sehr gespannt sein. Gemeinsam Handeln Die Kündigungen, so wichtig sie auch sind, können aber nur der erste Schritt sein. Mancher kann sicher bei anderen, hoffentlich besseren Molkereien unterkommen, aber allein die Menge der Kündiger und die teilweise weite Entfernung zur nächsten Molkerei begrenzen die Möglichkeit solcher Wechsel. Schon 2007 bis 2009 befand sich das Vorgängerunternehmen Nordmilch in einer ähnlichen Situation. Damals mussten viele Kündiger klein beigeben und aus Mangel an Alternativen wieder bei der Nordmilch anklopfen. Das darf sich diesmal so nicht wiederholen. Die Milchbauern müssen alle Möglichkeiten der Bündelung nutzen, sei es der Beitritt zum Milchboard, sei es die Gründung von Erzeugergemeinschaften, vielleicht unter dem Dach der Nord-MEG, um gemeinsam nach Alternativen zu suchen. Das kann dann auch die Wiederaufnahme beim DMK sein, aber nicht mehr als Einzellieferant, sondern in einer starken Gemeinschaft, nach Verhandlungen auf Augenhöhe. Nicht ausgeschlossen sind auch starke strukturelle Veränderungen beim DMK. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Korte hat schon durchblicken lassen, man wolle sich eventuell von unrentablen Unternehmensbereichen trennen. Es könnte zur Übernahme von Werken durch andere Molkereien oder zur Gründung neuer Molkereien kommen. Vor solchen Entwicklungen sollten die Milcherzeuger keine Angst haben. Viel zu lange haben sie die Fehlentwicklungen beim DMK hingenommen, weil sie anscheinend „alternativlos“ waren, nach dem Motto: „Wer soll die viele Milch denn verarbeiten?“ Vor dem Hintergrund der katastrophalen Vorgänge beim DMK im Verlauf der Milchkrise sollten alle erkennen: Es kann eigentlich nur besser werden. Allerdings sind jetzt Mut, Eigenverantwortung und Solidarität der Bäuerinnen und Bauern gefragt, denn niemand wird es für sie regeln. Deshalb ist auch die Frage „Wie geht es weiter für die DMK-Lieferanten?" ein Schwerpunkt der AbL-Milchtagung am 6. März in Hardehausen. Alle Betroffenen sind herzlich eingeladen, mitzudiskutieren und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
08.03.2017
Von: Ottmar Ilchmann, AbL-Landesvorsitzender in Niedersachsen und Milchbauer in Ostfr

JAhrelanger Protest gegen die DMK-Strategie - hier 2015 in Zeven