Dicamba und 2,4-D: Gruppenklage und Sorge bei der Industrie

Farmer im US-Bundesstaat Missouri haben eine Gruppenklage gegen Monsanto angestrengt. Es geht um die Abdriftschäden, die im vergangenen Jahr in zehn Staaten durch den illegalen Einsatz von Dicamba-haltigen Herbiziden entstanden. Dicamba ist ein wirksamer Bestandteil des im Vietnamkrieg eingesetzten Entlaubungsmittels Agent Orange, es ist leicht flüchtig und bildet eine giftige Wolke, die vom Wind über weite Flächen getrieben werden kann und bei allen nicht gegen Dicamba resistenten Pflanzen starke Schäden anrichtet. Monsanto hatte Farmern „Xtend"-Baumwoll- und Sojasaatgut verkauft, das durch genetische Veränderung resistent gegen Dicamba ist. Xtend-Saatgut war von den US-Behörden bereits freigegeben worden, nicht aber das „zugehörige", Dicamba enthaltende Xtend-Herbizid. Die Anwälte der Kläger argumentieren, dass Monsanto klar hätte absehen können, dass die Farmer, die Xtend säten, um der glyphosatresistenten „Superunkräuter" Herr zu werden, auf andere, bereits zugelassene, Dicamba-haltige Herbizide zurückgreifen würden, die außerhalb der Wachstumsperiode legal eingesetzt werden dürfen. Ihrer Meinung nach ist Monsanto damit für die entstandenen Schäden haftbar. Die Anwälte gehen davon aus, dass sich noch hunderte von Farmern der Gruppenklage anschließen werden. Die Kläger gehen davon aus, dass 2016 Feldfrüchte auf mehr als 80.000 Hektar Land durch Dicamba-Abdrift geschädigt wurden. Allein im Staat Missouri gingen 124 Schadensmeldungen ein. Bereits zuvor hat der größte Pfirsichanbauer in Missouri Klage erhoben. 7.000 seiner Bäume wurden geschädigt, die Schadenssumme beläuft sich auf ca. 1,5 Millionen US-Dollar. Monsanto streitet jede Verantwortung ab, die Industrie ist aber besorgt. Sowohl Xtend als auch das von BASF hergestellte Engenia-Herbizid sollen nach Industrieangaben weniger stark abdriften, wenn sie von den Landwirten unter idealen Bedingungen eingesetzt werden. In Agrarzeitschriften und den Veröffentlichungen der landwirtschaftlichen Hochschulen erscheinen fast täglich lange Artikel und Interviews zum korrekten Umgang mit Herbiziden wie Xtend: Die Windgeschwindigkeit beim Sprühen darf maximal 25 km/h betragen und muss konstant kontrolliert werden und zwar an den Sprühdüsen. Mögliche Änderungen der Windrichtung sollen gleichzeitig mittels eines Kompasses geprüft werden. Ebenfalls zu beachten: Inversionswetterlagen, kühlere Luft am Boden und wärmere Luft über den Pflanzen, führt zu starker Abdrift, weil die warme Luft wie ein Schutzschild wirkt. Solche Temperaturunterschiede treten häufig am Nachmittag, nächtens und am frühen Morgen auf, und in dieser Zeit sollte nicht gesprüht werden ... Verwendet werden müssen außerdem bestimmte, speziell für das verwendete Präparat zugelassene Düsen, der Spritzbalken muss möglichst niedrig eingestellt werden und nach der Anwendung müssen Tank, Sprayer und Düsen sofort gereinigt werden. Der Reinigungsvorgang muss dreimal wiederholt werden, und, so warnt das Fachblatt „Progressive Farmer": „Vergessen Sie nicht Schläuche, Reifen und das Äußere des Sprühers zu reinigen ... nehmen Sie sich die Zeit, alles richtig zu machen." Denn wer auf dem nächsten Feld z. B. „nur" glyphosattoleranten Mais stehen hat, kann ihn bereits mit geringen noch im Tank vorhandenen Dicamba-Resten versehentlich samt Unkraut vernichten.
21.02.2017
Von: Marianne Landzettel