Die reine Lehre

Agrarökonomen der Universitäten Rostock, Berlin und Göttingen sprechen sich gegen Eingriffe in den Markt zur Lösung der Milchkrise aus. Sie sprechen von Milchkartell statt von Erzeugerbündelung und von Milchquote statt von kurzfristiger Mengenreduktion. Sie warnen vor einem deutschen Alleingang, obwohl es eine gemeinsame Position mit Polen und Frankreich gibt. Sie plädieren dafür, „Milch da zu erzeugen, wo es am kostengünstigsten ist“ und wissen, „dass es Milcherzeuger gibt, die in der Lage sind, sehr kostengünstig zu produzieren und die kein Interesse daran haben, ihre Produktionsmengen zu begrenzen. Marktwirtschaftliche Anpassung impliziert, dass die am wenigsten wettbewerbsfähigen Betriebe ausscheiden.“ Dass das Verhältnis zwischen Bauern und Molkereien noch nie das von zwei Marktbeteiligten war, macht der emeritierte Prof. Onno Poppinga in einer Erwiderung auf das Papier der Agrarökonomen deutlich: „Die Verwendung einer marktökonomischen Begrifflichkeit ist aber bei der Analyse der Beziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien vom Grundsatz her falsch, weil es sich dabei nicht um Markt- sondern lediglich um Lieferbeziehungen handelt. Alle grundlegenden Bedingungen für Märkte sind bei der Beziehung zwischen Milcherzeugern und Molkereien nicht vorhanden: Es stehen sich nicht Anbieter und Nachfrager gegenüber, die über Mengen, Preise und Qualitäten verhandeln und zwischen denen Waren ge- und verkauft werden. Rein äußerlich ist das schon daran sichtbar, dass die Landwirte als ‚Anbieter’ keine Rechnung über die gelieferte Milch schreiben, sondern die Molkereien – nach Verwandlung der Milch in Molkereiprodukte und Verkauf dieser Produkte – die von den Landwirten gelieferte Milch abrechnen.“