Geht nicht, gibt’s nicht bei Bohne und Co.

Pioniere, Ackerbauprobleme, Mengensteigerung und Politik stärken Anbau und Futternutzung

Es wurde wieder einmal deutlich auf dem Futtermitteltag Anfang November im westfälischen Hamm: Die Ansichten, ob der heimische Anbau von Leguminosen und deren Einsatz in der Tierfütterung sinnvoll ist und sich umsetzen lässt oder nicht, hängen stark von Grundannahmen ab, die ganz unterschiedliche Blickwinkel mit jeweils eigenen Sachzwängen und wirtschaftlichen Einschätzungen nach sich ziehen. „Die Diskussionen verlaufen häufig wie in einem Mobilé: jeder bastelt an seinem Standpunkt, keiner sagt etwas Falsches und das Ganze dreht sich im Kreis“, fasste Thomas Dosch, Abteilungsleiter im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, die derzeitigen theoretischen Auseinandersetzungen zusammen. Er ergänzte: „Wer sagt, das geht nicht, den fordere ich dazu auf, zu sagen unter welchen Bedingungen es nicht geht, denn nur damit kann man weiterarbeiten“. Praxis als Zugpferd Erfreulicher stellt sich aus Sicht der hiesigen Leguminosen die Situation anhand der zahlreicher werdenden funktionierenden Praxisbeispiele dar. So beschrieb der Landwirt Georg Heitlinger eindrücklich den Marktvorteil durch gemeinsames Vorgehen und Marketing für das regionale Vermarktungskonzept „Die Eierhöfe“ in Baden-Württemberg. „Gentechnikfreiheit ist für so ein Konzept Grundvoraussetzung“, stellt er klar. Die freiwillige Selbstverpflichtung, mindestens fünf Prozent heimisches Eiweißfuttermittel einzusetzen, passt gut dazu, weil so regionale Kreisläufe mit unterschiedlich spezialisierten Betrieben entstehen. Inklusive eigenem Soja stammen mittlerweile 85 Prozent des Futters aus dem eigenen Bundesland. Das sorgt wiederum für neuen Zusammenhalt unter den Bauern, die ansonsten einzeln einkaufen und abliefern. Von der Ackerbauseite her packt es Torsten Stehr an, der bei der Raiffeisen Weser-Elbe e.G. für Beratung zur Pflanzenproduktion und Vermarktung zuständig ist: Aufgrund starker Probleme mit Ackerfuchsschwanz im Weizen machte er sich 2010 zusammen mit Anbauberatern auf die Suche nach einer möglichen Sommerkultur zur Erweiterung der Fruchtfolge. Die Ackerbohne machte das Rennen und überzeugt die beteiligten Landwirte seither, u.a. durch positive Fruchtfolgewirkungen sowie guten und sicheren Ertrag. Etwas Fingerspitzengefühl ist in der Aufbereitung nötig. Die größte Schwierigkeit stellte zu Stehrs Erstaunen die Vermarktung dar. Sein Ziel war es, die Ackerbohnen als Eiweißfuttermittel zu verkaufen. Bis heute bieten die Futtermittelwerke jedoch nur „Abwehrpreise“, obwohl mittlerweile schon 3.600 Tonnen zur Verfügung stehen, die so jedoch im Heimtierfutter, im Nussersatz oder sogar im Export landen. Stehr will weiter dranbleiben, sein Ziel ist es, die Ackerbauern mit den Tierhaltern zusammenzubringen: „Darin sehe ich den einzig sinnvollen Ansatz.“ Die beste Wertschöpfung erzielen auch in seiner Region die Betriebe mit der Möglichkeit zur innerbetrieblichen Verwertung in der Fütterung. Begleitende Politik Vor dem Hintergrund internationaler Import- und Konzernabhängigkeiten bei der Proteinversorgung sowie im Hinblick auf die Vorteile des hiesigen Anbaus verwies Christoph Dahlmann, Leiter des Projektes „Vom Acker in den Futtertrog“ und einer der Veranstalter zusammen mit dem Projekt „Eiweißfutter aus Niedersachsen“, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Germanwatch und Misereor, auf die Notwendigkeit politischer flankierender Maßnahmen zur Flächenausdehnung des Leguminosenanbaus. Durch die Möglichkeit sie auf Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) anzubauen in Kombination mit der Agrarumweltmaßnahme „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ biete sich die Chance, die Angebotsmenge zu steigern – damit sich daraus in Zukunft Züchtung und Nachfrage weiterentwickeln kann. Auch die Europaparlamentarierin Maria Heubuch schätzt Anschubfinanzierungen positiv ein und „bei der Zwischenbetrachtung zur EU Agrarpolitik werden die Leguminosen wieder zum europäischen Thema werden. Spätestens dann ist die Zeit, um z.B. auch die feinsamigen Arten wie Klee und Luzerne gebührend mit einzubeziehen“.
17.12.2014
Von: claudia Schievelbein, unabhängige Bauernstimme